Darf die Schweizer Nationalbank (SNB) Kreditnehmer, die sich in Franken verschuldet haben, bewusst täuschen? Diese Frage ist von österreichischen Gerichten zu klären, nachdem drei Privatpersonen aus Tirol, Vorarlberg und Wien die SNB geklagt haben. Ihr Vorwurf: Die Notenbank habe Anleger falsch informiert und ihnen durch die plötzliche Aufhebung des Euro-Mindestkurses finanziellen Schaden zugefügt, berichtete der ORF am Montag.

Zur Erinnerung: Die SNB gab am 15. Januar 2015 den Mindestkurs bei 1,20 Schweizer Franken überraschend auf, obwohl sie nur wenige Tage zuvor öffentlich das Festhalten an der Euro-Anbindung mehrfach bekräftigt hatte. Vielen Franken-Kreditnehmer wird der Tag als Schockdatum in Erinnerung bleiben, ihre Schulden haben sich binnen Minuten um mehr als 15 Prozent vergrößert. Aktuell steht der Euro bei weniger als 1,10 Franken.

Der Rechtsanwalt der Klägerpersonen, Clemens Pichler, sah in der Kommunikation der SNB eine rechtswidrige Täuschung: "Der Vorwurf an die Schweizer Nationalbank ist nicht, dass der Mindestkurs aufgehoben wurde, sondern, dass eben bewusst Falschinformationen verbreitet wurden", so Pichler gegenüber dem ORF. Selbige hätten dann ausländische "Häuslebauer" und auch Gemeinden und Ländern erheblich geschadet.

"Klassischer geldpolitischer Entscheid"
Pichler scheue nicht, sich mit einer der mächtigsten Institutionen der Welt anzulegen, sagt er. Er gehe davon aus, dass der Fall bis zum Obersten Gerichtshof geführt wird. Sollte die Klage Erfolg haben, könnten sich auch andere Franken-Kreditnehmer anschließen.

Die SNB hat gegenüber dem Rundfunk auf die Immunität als währungspolitische Instanz verwiesen, sie habe als unabhängige Zentralbank "die Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse der Schweiz" zu führen. Beim Entscheid, den Euro-Mindestkurs aufzugeben, habe es sich aus ihrer Sicht also um einen "klassischen geldpolitischen Entscheid" gehandelt. (dw)