Die Fülle an regulatorischen Vorgaben aus Brüssel bereitet den Verantwortlichen aus der Fondsbranche Kopfschmerzen. Wie viele Aspirin sie täglich schlucken, verriet das Führungsteam des europäischen Fondsverbandes nicht. In einem Punkt aber waren Efama-Präsident Alexander Schindler, im Hauptberuf Vorstandsmitglied von Union Investment, Vice-Präsident William Nott – CEO Securitues bei M&G – und Efama-Generaldirektor Peter De Proft bei einem Pressegespräch in Frankfurt einig: Dass die EU-Verordnung über die dreiseitigen Produktinformationsblätter von verpackten Anlageprodukten (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products, Priip) und die Umsetzung der Mifid II-Richtlinie derzeit mit die größten Sorgenkinder für die Industrie sind.

Zeit läuft davon
Die aktuellen Diskussionen über Priip sind "ein politisches Problem", stellte De Proft fest. Er spielte darauf an, dass die Verordnung bis Ende 2016 umgesetzt werden muss, viele Details aber noch gar nicht feststehen, weil die europäischen Aufsichtsbehörden ESMA, EBA und EIOPA (ESAs) ihre Vorschläge zur technischen Umsetzung der Verordnung erst Anfang April veröffentlicht haben. "Es bleibt zu wenig Zeit für die Umsetzung", ergänzte Nott.

Die führenden Dachverbände der Finanzdienstleister haben aus diesem Grund zwar vergangene Woche einen Brandbrief an die EU-Kommission geschrieben und eine Verlängerung der Frist gefordert, wie FONDS professionell ONLINE berichtete. Man warte aber weiterhin auf eine Antwort, sagten die Efama-Vorsteher, zu denen auch BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter in seiner Funktion als Mitglied des Verbandsdirektoriums gestoßen war.

Die Fondsgesellschaften, aber auch die ebenfalls betroffenen Versicherer sowie die Zertifikate-Emittenten befürchten, dass die Gremien in Brüssel schlicht Angst haben, ihr Gesicht zu verlieren: Wenn sie den Priip-Start verschöben, würden sie wie im Falle der Mifid II-Verzögerung erneut handwerkliche Fehler eingestehen und zugeben müssen, dass ihre Zeitpläne von Anfang an unrealistisch waren.

Bekannte Versteckspiele
Die Diskussionen zwischen den EU-Gremien und den Branchenverbänden drehen sich aber nicht nur um den Zeitplan, sondern auch um die Details der technischen Vorschläge der ESAs. Dies ist letztlich auch ein politisches Problem: "Auf der politischen Ebene, also Kommission, Parlament und Ministerrat, ist es recht einfach, zu Kompromissen zu kommen", so De Proft. "Man verschiebt die heiklen Detail-Diskussionen einfach auf die Level 2- und Level 3-Verhandlungen, die die ESAs nun mit den Verbänden führen."

Hier nannten die Efama-Verantwortlichen in Bezug auf Priip eine Reihe von bekannten Beispielen. So kritisierten sie, dass die Transaktionskosten auf eine neue und am Markt vollkommen unübliche Weise berechnet werden sollen.

Rätselraten um neues Risikomaß
Ein weiteres heikles Problem stellt die Berechnung des Risikoindikators SRI (Summary Risk Indicator) dar, der alle unter Priip fallende Produkte vergleichbar machen soll. Dabei sollen das Markt-, Liquiditäts- sowie das Counterpart- beziehungsweise Ausfallrisiko einer Anlage mitberücksichtigt werden. Die Efama fragt aber: Wie kann man diese Risiken vernünftig in den SRI für jedes Produkt einfließen lassen? Schließlich hätten Fonds beispielsweise kein Counterpart-Risiko, Zertifikate dagegen schon.

Daneben ist auch die Mifid-II-Umsetzung in vollem Gange. Zwar wurde diese um ein Jahr auf Anfang 2018 verschoben. Allerdings wartet hier nach Angaben der Efama-Verantwortlichen ebenfals noch genug Arbeit. Schließlich habe gerade erst der Dialog mit den ESAs über deren technische Vorschläge begonnen. Und hier werden immerhin auch aus Beratersicht "heiße Eisen" wie Zahlung von Provisionen oder die Definition des Zielmarktes behandelt. (jb)