Helmut Ettl und Klaus Kumpfmüller, Vorstände der Finanzmarktaufsicht FMA, bewerben sich für eine weitere Amtszeit. Ein Empfehlungsschreiben an den Finanzminister, dem wenig Liebe zu dieser Behörde nachgesagt wird, liefern sie mit: Ein EU-weit anwendbares Konzept, das die strengen Vorschriften für kleine Banken lockert.

Österreich, Deutschland und Italien haben einen kleinstrukturierten Bankensektor, der unter den strengen EU-Vorgaben besonders stöhnt. Geht es nach der österreichischen Finanzmarktaufsicht FMA, soll die kleinen eigenständigen Institute oder jene, die eine besonders risikoarme Geschäftsstruktur aufweisen, künftig nicht mehr die volle Wucht der Regulierung treffen. "Aufsicht soll risikobasiert eingesetzt werden. Die Komplexität der Anforderungen und die Compliance-Kosten, die einzelne Institute tragen müssen, sollen sich mehr an das Risiko anpassen", sagte Ettl am Dienstagabend vor Journalisten.

Verhältnismäßigkeit statt Regulierung nur für Große
Das nun präsentierte System der Proportionalität wird der EU-Kommission im Rahmen der europäischen Reform der Bankenregulierung vorgelegt. Als klein oder risikoarm könnten laut FMA-Vorschlag Institute definiert werden, deren Bilanzsumme unter fünf Milliarden Euro liegt und die nicht mehr als 0,2 Prozent Anteil an den Gesamtaktiva (Marktanteil) haben, so wie nicht mehr als 0,4 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. In Österreich würden darunter rund 590 von 660 Instituten fallen. Ihr kumulierter Marktanteil läge bei rund 19 Prozent. Zu den qualitativen Voraussetzungen zählt Ettl unter anderem ein kleines Handelsbuch und geringes Engagement in komplexen Produkten, Derivaten oder Auslandsmärkten.

Basel III auf Minimum reduziert
Geldhäuser, die unter solche Grenzen fallen, sollen zum Beispiel weitestgehend von der zweiten Basel-III-Säule befreit werden, den "Erhöhten Standards für den bankenaufsichtlichen Überprüfungsprozess". Das heißt, für sie soll etwa der Überprüfungs- und Bewertungsprozess SREP (Supervisory Review and Evaluation Process) wegfallen, in dessen Rahmen die Aufseher den Banken jährlich "Hausaufgaben" mitgeben, etwa in Bezug auf Eigenkapital und Risikomanagement.

Ebenso sollen die bankinterne Sicherungsprozesse ICAAP/ILAAP nicht zur Anwendung kommen. Sie dienen der Beurteilung der Angemessenheit des internen Kapitals (Internal Capital Adequacy Assessment Process – ICAAP) respektive der Abschätzung der der internen Liquidität (Internal Liquidity Adequacy Assessment Process – ILAAP).

Bei der dritten Säule von Basel III ("Erweiterte Offenlegung/Maktdisziplin") wünschen sich Ettl und Kumpfmüller, dass es eine "gänzliche Befreiung oder zumindest eine massive Beschränkung geltender Veröffentlichungspflichten gibt".

Pauschalaufschlag ersetzt wegfallende Kriterien
Diese wegfallenden Kriterien wollen die FMA-Vorstände durch einen pauschalen Aufschlag ersetzen. Damit müssten die betroffenen Institute nur noch die erste, aber wesentlichste Basel-III-Säule, nämlich die Mindestkapitalanforderungen, beachten – ergänzt eben um einen kompensierenden Aufschlag für alle anderen Risiken, die potenziell nicht durch Säule I abgedeckt werden. Wie hoch dieser Aufschlag ist, sei noch zu festzulegen, so Ettl und Kumpfmüller.

"Fit & Proper": Keine Ex-ante-Prüfung mehr für alle
Vorgeschlagen werden darüber hinaus Verwaltungsvereinfachungen. So sollen bei den "Fit & Proper"-Tests in kleinen Instituten nur noch die Geschäftsleiter vorab geprüft werden. Bei Mitgliedern des Leitungsorgans könnten Ex-ante-Prüfungen hingegen wegfallen. Die EU arbeitet allerdings gerade daran, genau diese Regelungen zu verschärfen – unter anderem liegt auch ein Fokus auf die Ex-ante-Prüfung. "Wir halten es für undurchführbar, wenn wir das auf alle kleinen Insitute anwenden müssen. Wir arbeiten daran, dass wir hier zu einer entsprechenden Änderung des aktuellen Vorschlags kommen, und wir sind auch zuversichtlich, dass die pauschale Ex-ante-Prüfung herausgenommen wird", sagte Kumpfmüller auf Nachfrage.

Außerdem fordern die FMA-Vorstände, dass bei CET-1-Emissionen oder geringfügigen Eigenmittelverringerungen kleiner Banken nicht mehr ein Bewilligungsverfahren gestartet werden muss, sondern dass eine Anzeige reicht.

"Kleine sind überdurchschnittlich ertragsstark"
"Die Erfordernisse der Eigenkapitalrichtlinie CRD IV und der CRR-Verordnung im Rahmen von Basel III sind für große, international tätige Banken ausgelegt, sie belasten kleine Institute überproportional", sagte Helmut Ettl. Kleine Banken würden durch die Marktnähe einen maßgeschneiderten Service bieten und seien in Österreich "signifikant ertragsstärker" als die Großbanken. "Die Regulierung darf nicht dazu führen, dass am Ende nur noch große Einheiten überbleiben. Das würde dazu führen, dass Probleme bei der Finanzierung der kleinerer und mittlerer Unternehmen auftreten", so Ettl. Neben Österreich seien vor allem Deutschland und Italien innerhalb der EU an einer entsprechenden Berücksichtigung kleiner Marktteilnehmer interessiert.

Duo bewirbt sich neu
Das Finanzministerium hat unlängst die Vorstandsposten der FMA neu ausgeschrieben. Ettl hat sich schon beworben, Kumpfmüller zieht noch nach, wie er bekanntgab. Finanzminister Hans Jörg Schelling – übrigens musste auch er einst durch den "Fit & Proper"-Test – wird nicht das beste Einvernehmen mit der Behörde attestiert. Mit einer Beschneidung der FMA und der Verlagerung von Kompetenzen auf die OeNB kam er allerdings im Rahmen der laufenden Bankenaufsicht-Neu nicht durch. Der Gesetzesentwurf für die Reform werde noch im Juli vorliegen, sagte Ettl.

Die FMA ist unglücklich mit den zersplitterten Zuständigkeiten bei der Aufsicht: Mit Blick auf den Problemfall Kitzventure, bei dem es sich nicht um ein Finanzinstrument unter Aufsicht der FMA handelt, sagte Kumpfmüller: "Ich wünsche mir, dass wir für alle Prospekte zuständig sind, nicht nur für die Finanzinstrumente, sondern auch für die Veranlagungen. Man sollte im Rahmen der 'Prospektverordnung Neu' diese Chance nutzen". Diese soll im Juli 2019 in Geltung treten. (eml)