Die Europäische Zentralbank (EZB) drängt auf eine Konsolidierung in der deutschen Finanzbranche und stimmt die Kunden auf steigende Preise für Bankdienstleistungen ein. "Konsolidierung ist notwendig", sagt EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger im Gespräch mit dem Berliner "Tagesspiegel".

Manche Institute hätten sich schon auf diese Reise begeben, etwa der Genossenschaftssektor. Es gebe in Deutschland aber immer noch sehr viele Banken – "eigentlich zu viele", stellt Lautenschläger fest. Diese müssten ihre Kosten weiter drücken und neue Ertragsquellen erschließen. "Das Niedrigzinsumfeld ist auf Dauer sicherlich eine Herausforderung. Aber die Ertragslage etlicher Banken war bereits kritisch, als die Zinsen noch hoch waren."

Bankkunden müssen sich deshalb wohl oder übel auf weiter steigende Preise gefasst machen. "So günstig wie derzeit können nicht alle Bankdienstleistungen bleiben", so Lautenschläger. In einigen Bereichen hat sie "Kampfkonditionen" ausgemacht. "Grundsätzlich sollte für eine gute Dienstleistung auch ein angemessener Preis bezahlt werden", sagt sie: Umsonst könnten Services auf Dauer nicht sein. Die deutschen Kreditinstitute stehen nach Einschätzung der EZB-Direktorin unter enormem Druck, weil sie ein teures Filialnetz unterhalten und die Verdienstmargen niedrig sind.

Zinswende wird langer Prozess
Mit Blick auf den Zeitpunkt der Zinswende sagte Lautenschläger, es sei wichtig, den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik rechtzeitig vorzubereiten. Entscheidend dafür sei ein stabiler Trend bei der Inflationsrate hin zur EZB-Vorgabe von knapp unter zwei Prozent. "Noch ist er nicht ganz da. Trotzdem müssen wir das Thema angehen", so die EZB-Direktorin. Wie die Trendwende vonstatten gehen soll, das müsse nun im Rat der Notenbank besprochen werden.

Deregulierung setzt falsches Signal
Die Frage, ob die Folgen der Finanzkrise nun ausgestanden seien und ein erneuter Schwächeanfall ausgeschlossen werden könne, beantwortet die EZB-Fachfrau betont vorsichtig: "Ich würde nie behaupten, dass eine neue Finanz- und Bankenkrise nicht wieder ausbrechen könnte. Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz. Aber die Aufsicht ist heute sehr viel besser aufgestellt. Wir können viel stärker und auch präventiver eingreifen."

Entsprechend skeptisch beurteilt sie auch die Bemühungen um wieder größere Freiheiten, die den US-Banken eingeräumt werden sollen. "Ich halte gar nichts davon, jetzt wieder in Richtung Deregulierung oder rein nationaler Regeln zu marschieren. Das wäre ein großer Fehler. Wir brauchen global einheitliche Regeln für das Geschäft der großen, für das Finanzsystem relevanten Banken. Das sollten wir aus der Krise gelernt haben." (fp/ps)