Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA hat wie angekündigt zwei hochspekulative Finanzinstrumente für Kleinanleger verboten oder deren Vertrieb massiv eingeschränkt. Die Behörde begründet den Schritt mit dem Schutz der Investoren, denen wegen der komplexen, also latent missverständlichen Funktionsweise, der Produkte hohe Verluste drohen. Die Maßnahmen der Behörde gelten zunächst für drei Monate.

Das Verbot betrifft zum einenn sogenannte binäre Optionen. Diese exotischen Hebelprodukte stellen eine Wette auf ein zuvor definiertes Ereignis wie das Erreichen eines bestimmen Kurszieles dar. Tritt dieses ein, erhält der Käufer einen festgelegten Betrag, andernfalls verfällt die gekaufte Option wertlos. Die Behörden begründen ihre Entscheidung damit, dass die Angebote für Kunden häufig derart vertrackt ausgestaltet sind, dass für die Kunden zwangsläufig Verluste entstehen.

Massive Einschränkungen bei CFDs
Kein Verbot, aber massive Beschränkungen gelten zum anderen ab sofort für den Vertrieb und Verkauf von Differenzkontrakten (Contracts for Difference, CFDs). Mit  diesen wetten Anleger auf die Kursentwicklung eines Basiswertes wie Aktien oder einem Währungspaar. Wegen des gehebelten Kapitaleinsatzes droht aber ein Totalverlust. Bei einigen Produkten muss der Anleger aufgrund einer Nachschussplicht sogar den Unterschiedsbetrag zwischen dem eingesetztem Betrag und möglichen Verlusten ausgleichen – er verliert also im ungünstigsten Fall mehr als sein ursprüngliches Investment. 

Die ESMA hat nun für die Differenzkontrakte Hebel-Obergrenzen (Leverage-Limits) abhängig vom Basiswert erlassen. Ferner gilt eine sogenannte Margin-Glattstellungsvorschrift (Margin-Close-out) auf Einzelkontobasis: Dabei wird der Prozentsatz der Margin, bei dem CFD-Anbieter ein oder mehrere CFD eines Kleinanlegers glattstellen müssen, auf 50 Prozent der erforderlichen Mindest-Margin standardisiert. Darüber hinaus gelten Beschränkungen für Anreize, mit denen Kleinanlegern Investitionen schmackhaft gemacht werden, sowie die Vorgabe standardisierter Risikowarnungen.

Die fünfte und letzte Maßnahme der ESMA betrifft CFDs mit Nachschussplicht: Diese hat die EU-Behörde vollständig verboten, es gilt ein "Negativsaldoschutz auf Einzelkontobasis". 

FMA begrüßt Entscheidung der ESMA
Die Österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), die im Beschlussgremium der ESMA mit Sitz und Stimme vertreten ist, hat sich dort für diese Maßnahme ausgesprochen und begrüßt den Schritt der EU-Behörde. "Binäre Optionen und finanzielle Differenzgeschäfte sind keine nachhaltigen Finanzanlagen, sondern hochriskante Wetten. Mit diesem Beschluss konnten wir die neuen rechtlichen Möglichkeiten zum Schutz von Investoren europaweit effektiv einsetzen", so die Vorstände der FMA, Helmut Ettl und Klaus Kumpfmüller. "Hohe Gewinnversprechen bei Finanzprodukten bedeuten immer auch hohes Verlustrisiko. Bei der Veranlagung der Ersparnisse empfehlen wir Kleinanlegern, die professionelle Beratung bei Banken oder konzessionierten Finanzdienstleistern in Anspruch zu nehmen."

Das legale Rüstzeug für die nun ausgesprochenen Einschränkungen erhält die Behörde dank neuer Regeln. Die ESMA prüft im Zuge der im Januar 2018 in Kraft getretenen Verordnung für Finanzinstrumente (Mifir), ob und wie sie den Vertrieb dieser Produkte einschränken kann und soll. Die Mifir-Verordnung gibt der ESMA in Artikel 40 die Befugnis, zum Schutz der Anleger EU-weit Vertriebsbeschränkungen und Verbote für besonders riskante und gefährliche Anlageprodukte zu verhängen. Allerdings laufen solche Produktinterventionen spätestens nach drei Monaten automatisch aus – es sei denn, die ESMA begründet und beschließt die Einschränkung erneut. (jb)