Die Krypto-Welt ist in stetiger Bewegung: Jüngst überschritt der Wert eines Bitcoin den Höchststand der letzten zwei Jahre, auch der Zahlungsdienst-Gigant PayPal will sich nach eigenen Aussagen auf das Krypto-Parkett wagen. Doch nicht nur die Marktteilnehmer haben Kryptowerte ins Rampenlicht gerückt – auch der (europäische) Gesetzgeber hat gehandelt: Mit einem Entwurf für eine Verordnung zu Märkten für Kryptowerte (Markets in Cryptoassets, MiCA) hat die Europäische Kommission aufhorchen lassen und einen echten "Gamechanger“ angekündigt. Die Kommission verspricht sich davon nicht weniger als einen stabilen  Rechtsrahmen, der die EU als Marktplatz für Kryptowerte zum weltweiten Vorreiter machen soll. 

Was sind Kryptowerte?
Schon der Titel der MiCA wirft die erste Frage auf: Was sind Kryptowerte eigentlich? Kryptowerte sind digitale Abbildungen  von realen Werten oder Rechten über eine dezentral verwaltete Technologie wie zum Beispiel die Blockchain. Diese Definition wird in der MiCA erstmals gesetzlich verankert sein. Eine Kryptowährung ist demgegenüber ein digitales Abbild eines realen Werts, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle ausgegeben wird und trotz des fehlenden Zahlungsmittelstatus als Tauschmittel akzeptiert wird. Diese Definition ist ebenfalls gesetzlich festgelegt, sie ergibt sich aus dem Finanzmarkt-Geldwäschegesetz beziehungsweise der 5. Geldwäscherichtlinie.

Der Unterschied zwischen einem Kryptowert und einer Kryptowährung liegt darin, dass Kryptowährungen eine zahlungsmittelähnliche Funktion aufweisen – während das für einen Kryptowert nicht unbedingt notwendig ist. Der Begriff des Kryptowerts reicht daher weiter: Jede Kryptowährung ist ein Kryptowert, aber nicht jeder Kryptowert ist eine Kryptowährung. Da Kryptowährungen auch durch das FM-GwG reguliert werden, gibt es hier Potenzial für Überschneidungen. Hier liegt der Ball beim Gesetzgeber, der das Verhältnis von MiCA und FM-GwG wohl noch klären muss. Kryptoasset hat demgegenüber keine eigene Bedeutung und wird meistens nur als Synonym für Kryptowährungen oder Kryptowerte verwendet. 

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Zusammenspiel von Wertpapieren und Kryptowerten, schließlich können, Wertpapier auch über die Blockchain begeben werden. Die MiCA ordnet sich dem bestehenden europarechtlichem Wertpapieraufsichtsrecht allerdings unter: Sobald ein Kryptowert die Kriterien eines Wertpapiers erfüllt, ist die MiCA nicht mehr anwendbar – dafür allerdings Mifid II und Co. 

Prospektpflicht light 
Kryptowerte dürfen in Zukunft nur mehr öffentlich angeboten werden, wenn zuvor ein sogenanntes Whitepaper veröffentlicht wurde. Darin müssen die Charakteristika des Kryptowerts, der Emittenten, damit verbundene Risiken und vieles mehr beschreiben sein. Inhaltlich ähnelt dieses Whitepaper einem Prospekt. Die Kom­mission wollte mit den unterschiedlichen Begriffen aber vermutlich Verwechslungen zum bekannten Kapitalmarktprospekt ­unterbinden und den Unterschied in der Bezeichnung hervorheben. Das Whitepaper unterliegt im Gegensatz zu Wertpapierprospekten nach der Prospektverordnung keinem aufsichtsbehördlichen Bewilligungsverfahren. Es muss lediglich 20 Tage vor dem öffentlichen Angebot an die Aufsichtsbehörde übermittelt werden. Öffentliche Angebote von Kryptowerten ohne das vorangehende Veröffentlichen eines Whitepapers könnten nach dem MiCA-Entwurf verwaltungsstrafrechtliche Folgen haben: So sollen die nationalen Behörden die Möglichkeit haben, zum Beispiel ­"Naming and Shaming“ oder Strafen von bis zu Millionen Euro für juristische Per­sonen vorzusehen. Wer in Österreich die Aufsichtsbehörde wird, ist übrigens noch offen. Da nicht alle Kryptowerte Berührungspunkte mit den Finanzmärkten aufweisen, muss die Wahl nicht unbedingt auf die FMA fallen.

Vermögensberatung
Auch die Praxis der Vermögensberatung bleibt von den umfangreichen Neuerungen, die MiCA mit sich bringen wird, nicht verschont: So sieht sie für bestimmte Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten eine Konzessionspflicht vor. Die Beschreibung dieser Dienstleistungen weckt Erinnerungen an eine weitere grundlegende Regulierung des Kapitalmarktrechts: die Mifid II. So ist etwa das Annehmen und Übermitteln von Aufträgen, die Kryptowerte zum Gegenstand haben, künftig ebenso konzessionspflichtig wie das Ausführen von Aufträgen im Namen von Kunden oder das Beraten über Kryptowerte. Vor allem letztere Dienstleis­tung bedeutet, dass die Anlageberatung um eine Produktkategorie erweitert wird. Anlageberater, die neben den „klassischen“ Finanzprodukten auch Kryptowerte in ihr Portfolio aufgenommen haben oder das anstreben, müssen eine Konzession beantragen. Die Aufsichtsanforderungen an Konzessionswerber sind nicht zu unterschätzen. (gp)


Den gesamten Artikel von Dr. Raphael Toman, Rechtsanwalt, und Florian Braunauer, LL.M., Rechtsanwaltsanwärter der auf ­Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH, finden Sie in der aktuellen Heftausgabe 4/2020 von FONDS professionell, die Ende November erscheint.