Mehrere europäische Fondsverbände plädieren für eine kürzere Abwicklungsfrist für Wertpapiergeschäfte. Die Branchenvereinigungen reagieren damit auf einen Vorstoß der europäischen Finanzmarktaufsicht ESMA. Diese hatte im Oktober 2023 eine Prüfung angekündigt, ob die Fristen zur Abwicklung von Wertpapiergeschäften von zwei Tagen auf einen Tag reduziert werden sollten. Die Fristen werden mit T+2 beziehungsweise T+1 abgekürzt. In den USA ist eine entsprechende Umstellung im Mai vorgesehen.

"Wir halten es für zwingend erforderlich, dass sich die EU zu einem rechtzeitigen Übergang zu T+1 bekennt", heißt es etwa in einer Stellungnahme der europäischen Dachvereinigung EFAMA zu der ESMA-Ankündigung. Auch der deutsche Branchenverband BVI befürwortet einen Umstieg. "Wir unterstützen die Verkürzung der Abwicklungszeit von Wertpapieren von zwei auf einen Tag", teilte ein BVI-Sprecher auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE mit. Der Branchendienst "Ignites Europe" berichtete zuerst über die Stellungnahmen der Fondsbranche.

"Großes und ernsthaftes Risiko"
Die deutsche Branchenlobby schränkt ein: "Für die Umsetzung ist aber ein angemessener Zeitraum einschließlich einer Testphase erforderlich, damit alle Marktteilnehmer ihre Systeme anpassen können", so der Sprecher weiter. Die Reduzierung der Abwicklungsfrist stelle "einen notwendigen Schritt zur Angleichung der EU-Kapitalmärkte an die USA dar".

Der europäische Verband EFAMA führt zudem aus, dass die Umstellung der USA auf T+1 der Branche "erhebliche Kosten verursachen" werde, die sich "letztlich in Leistungseinbußen für EU-Anleger widerspiegeln werden". Die Vereinigung warnt sogar, dass ein "großes und ernsthaftes Risiko" bestehe, dass "die europäischen Kapitalmärkte in Bezug auf Kapitaleffizienz und Risikomanagement zurückbleiben" würden, wenn Europa nicht handelt.

"Keine direkten Vorteile"
Der Luxemburger Verband ALFI wendet indes ein: "Die Umstellung auf T+1 bringt keine direkten Vorteile für die Asset Manager." Wollte die EU dem US-Vorbild folgen, dann bräuchte die Branche "mindestens vier Jahre" für eine Umstellung. Die Luxemburger Lobby positioniert sich damit etwas skeptischer als die anderen Verbände.

Aber auch der europäische Dachverband EFAMA sieht offene Fragen. "T+2 könnte ein optimaler Abrechnungszeitraum für UCITS sein, die von Nicht-EU-Anlegern in Zeitzonen gehalten werden, in denen ein kürzerer Abrechnungszyklus die Fehlerquote erhöhen, die Fondsverwaltung behindern und die tägliche Berechnung des Nettoinventarwerts erschweren würde." Zudem sollte zunächst beobachtet werden, ob es in den USA im Zuge der Umstellung zu Fehlerhäufungen komme. (ert)