Die Sicherung des Wohlstands im Alter und damit unseres Pensionssystems ist ein noch immer ungelöstes Dauerthema. Auch der Rechnungshof wies erst kürzlich in einem Bericht vom Oktober 2023 auf den Handlungsbedarf hin. Die Vereinigung ausländischer Investmentgesellschaften in Österreich (VAIÖ) hat daher mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut Economica eine umfangreiche Analyse zur Stellung des österreichischen Pensionssystems im internationalen Vergleich erstellt.

"Nachdem es offensichtlich ist, dass das österreichische Pensionssystem dringend reformiert werden müsste, um nachhaltig abgesichert zu sein, wollen wir eine Handlungsanleitung an politische Entscheidungsträger und Stakeholder geben. Ein Vergleich europäischer Pensionssysteme hilft bei der Problemstellung beziehungsweise Suche nach bewährten Lösungsansätzen", so VAIÖ-Vorstand Thomas Loszach.

Die 40 ­Seiten starke Analyse behandelt die unterdurchschnittliche Finanzierung von Pensionen über die betriebliche und private Altersvorsorge und legt Argumente für eine notwendige Ergänzung des ASVG-Systems durch eine kapitalgedeckte Pensionsvorsorge dar.

Deckungslücke steigt auf eine Billion Euro
Für Studienautor Christian Helmenstein, Vorstandsmitglied des Economica-Wirtschaftsforschungsinstituts und Chefökonom der Industriellenvereinigung, sollen die Ergebnisse vor allem als mögliche Handlungsanleitung für die nächste Regierung dienen. Dass Handlungsbedarf besteht, zeigt die Studie jedenfalls deutlich. Das österreichische Pensionssystem bietet im internationalen Vergleich hohe Leistungen, verursacht durch die große Abhängigkeit vom staatlichen Umlageverfahren aber auch überdurchschnittlich hohe Kosten für die Volkswirtschaft. Im Vergleich der EU-Staaten liegt Österreich beim öffentlichen Pensionsaufwand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung mit 13,9 Prozent des BIP an dritter Stelle (2,1 Prozentpunkte des BIP über dem EU-Durchschnitt). Bis 2050 respektive 2070 wird dieser Abstand zum Durchschnitt der EU-Staaten auf 2,4 Prozentpunkte beziehungsweise 3,1 Prozentpunkte weiter ansteigen. Die Ausgaben des Umlageverfahrens sollen von 58,7 Milliarden Euro im Jahr 2021 gemäß der Prognose des Rechnungshofs bis auf 167,5 Milliarden Euro steigen, gleichzeitig erhöht sich die Finanzierungslücke (= Zuschuss aus dem Bundeshaushalt) von 19,8 Milliarden Euro (4,6% des BIP) auf 72,3 Milliarden Euro (6,8% des BIP). "Das kumulierte Defizit der Pensionsversicherungsträger beträgt in diesem Zeitraum somit rund eine Billion Euro", so Helmenstein.

Während die Pensionsausgaben des Umlageverfahrens deutlich überdurchschnittlich sind, betragen kapitalgedeckte Pensionsausgaben (betriebliche und private Pensionskassen) in Österreich (0,7% des BIP) aber weniger als die Hälfte des OECD-Durchschnitts (1,5%) und liegen deutlich niedriger als in den Niederlanden (5,6%), Dänemark (2,3%), der Schweiz (5,3%) oder auch Schweden (3,1%). Länder mit deutlich höheren Pensionseinkünften aus betrieblichen sowie privaten Pensionsvorsorgen sind, wie etwa die Analysen der EU-Kommission (EC Aging Report 2021) zeigen, für die demografischen Herausforderungen wesentlich besser gerüstet. 

Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge als Lösung
Im Rahmen der Studie wurde eine Abschätzung der Entlastungspotenziale für den öffentlichen Haushalt durch Ausbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge vorgenommen, wobei gleichzeitig das Ziel verfolgt wurde, die Leistungsansprüche der Pensionisten nicht zu reduzieren. Im Detail wurden zwei Szenarien untersucht, wobei in Szenario 1 (S1) die Finanzierungslücke auf fünf Prozent des BIP und in Szenario 2 (S2) auf drei Prozent des BIP beschränkt wird. Anstelle der prognostizierten steuerfinanzierten Zuschüsse (2050: 6,1% im Bereich des ASVG des BIP) in das Pensionssystem soll das Pensionsniveau durch den Aus- beziehungsweise Aufbau kapitalgedeckter Pensionsformen gesichert werden. Um dieses reduzierte Niveau an öffentlichen Pensionszuschüssen zu erreichen, muss im Jahr 2050 ein Auszahlungsvolumen der Pensionskassen von zwölf beziehungsweise 33,3 Milliarden Euro angepeilt werden, um das Leistungsniveau konstant zu halten. Bei einer unterstellten nominellen (Netto-)Rendite von vier Prozent p.a der Veranlagungen der Pensionskassen, die neben dem Abbau des angesparten Kapitals für die Auszahlung der Pensionsansprüche verwendet werden soll, muss das Vermögen der Pensionskassen im Jahr 2050 233,9 Milliarden Euro (21,9% des BIP) beziehungsweise 501,2 Milliarden Euro (47,1% des BIP) betragen. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Vermögen der Pensionskassen der OECD-Staaten weist aktuell einen Wert von 105 Prozent des BIP auf. 

In beiden Szenarien kommt es ab 2025 zu einer Systemumstellung für alle unselbstständig Beschäftigten bis zu einem Alter von 40 Jahren (Jahrgang 1985 oder jünger). Aktuell betragen die Beitragssätze zur Pensionsversicherung (ASVG) 12,55 Prozent (Arbeitgeber) respektive 10,25 Prozent (Arbeitnehmer) der Bemessungsgrundlage. In den Reformszenarien S1 und S2 kommt es für alle unselbständig Beschäftigten unter 40 Jahren zu folgender Aufteilung der Beiträge zwischen der Pensionsversicherung und der Pensionskasse:

BeitragszahlerASVG-Neu S1PK-Beitrag S1ASVG-Beitrag S2PK-Beitrag S2
Arbeitgeber10,45%2,10%8,05%4,50%
Arbeitnehmer8,15%2,10%5,75%4,50%

 

Die Auswirkungen dieser Pensionsumstellung wurden für Medianeinkommensbezieher, die im Jahr der Umstellung 20 beziehungsweise 40 Jahre alt sind und jeweils mit 65 Jahren ihre Pension antreten, berechnet. Die monatliche Brutto-Pensionsleistung (14 Mal jährlich) beträgt im Jahr des Pensionsantritts für die 40-jährige Person im "ASVG-Alt" 2.687 Euro. Im Szenario 1 erhält sie 2.353 Euro ASVG-Pension und zusätzlich 506 Euro von der Pensionskasse, in Summe also 2.859 Euro (+6,4%). In Szenario 2 ergeben sich 1.910 Euro ASVG- und 1.085 Euro Pensionskassen-Leistung, also 2.995 Euro monatlich (+11,5%).

Die 20-jährige Person würde im Jahr 2070 eine ASVG-Pension ich Höhe von 3.986 Euro erhalten. Gemäß den Parametern in Szenario 1 beläuft sich die ASVG-Pension auf 3.394 Euro plus 1.364 Euro aus der Pensionskasse, gesamt also 4.758 Euro (+19,4%), und in Szenario 2 ergibt sich eine ASVG-Leistung von 2.518 Euro und 2.923 Euro aus der Pensionskasse, in Summe also 5.441 Euro (+36,5%). (gp)


Die gesamte Studie ist über thomas.loszach@vaioe.at erhältlich.