Im Mai hat die EU-Kommission den lang erwarteten Entwurf für ihre EU-Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy, RIS) vorgelegt. Für die selbstständigen Versicherungsmakler, die sich als unabhängig bezeichnen, sowie im Execution-only-Geschäft von Wertpapierfirmen (WPF) sollen künftig keine Anbieterprovisionen mehr fließen. Mit der Thematik beschäftigt sich FONDS professionell in einem Artikel, der in voller Länge in der neuen Heftausgabe 3/2023 erschienen ist.

Die österreichischen Versicherungsmakler leben zwar fast ausschließlich von Provisionen, treten aber gemäß den vom Fachverband erstellten Berufsregeln als unabhängig vom Versicherer auf. Damit unterscheiden sie sich von den Versicherungsagenten, die im Auftrag eines oder mehrerer Versicherer agieren. Vergütungen von Anbietern wären nach EU-RIS nicht unabhängig. Da eine Umstellung auf Kundenhonorare von den Kunden kaum akzeptiert würde, müssen die Makler nun an ihrer "Unabhängigkeitsdefinition" schrauben.

Unabhängig oder ungebunden?
Wie Versicherungsmaklerobmann Christoph Berghammer gegenüber der Redaktion sagte, seien zwei Gutachten in Arbeit, die klären sollen, ob der momentane Wortlaut des österreichischen Maklergesetzes (MaklerG) ein Provisionsverbot nach EU-RIS nach sich ziehen würde. Im gesamten MaklerG kommt der Terminus "unabhängig" zwar nicht vor. Es ist jedoch komplex: Der Makler ist laut Gesetz in einer Doppeltätigkeit (auch für den Versicherer) tätig; er wahrt aber "überwiegend die Interessen des Versicherungskunden", hat also doch wieder unabhängig zu handeln.

Am Ende könnte es so sein, dass Österreichs Makler zwar auf das Attribut "unabhängig" verzichten, sich dafür aber als "ungebunden" bezeichnen. Denn bei aller Aufregung um das Provi­sionsverbot muss erwähnt werden, dass die RIS unter dem Punkt "Ausführliche Erläuterung" großzügig ist: Sie erlaubt ausdrücklich, dass Berater, die nicht als unabhängig, sondern nur als ungebunden auftreten, weiter Vergütungen annehmen dürfen.

WPF stark betroffen
Änderungen kommen durch die EU-Kleinanlegerstrategie auch auf die Wertpapierfirmen zu. Sie dürfen bereits seit Mifid II keine Anreize von Dritten in der Portfolioverwaltung und bei unabhängiger Beratung behalten. Dieses Verbot soll gemäß RIS nun auch auf das beratungsfreie Geschäft beziehungsweise auf die Untergruppe "Execution only" (Ausführungsgeschäfte) ausgeweitet werden. Reine Ausführungsgeschäfte können ohne den sonst im beratungsfreien Geschäft nötigen Angemessenheitstest getätigt werden, sind aber nur für nicht komplexe Finanzprodukte (Aktien, Anleihen, OGAWs) möglich. "Es gibt etliche WPF, die nur Execution-only-Geschäft haben", betont Alexander Kern, Geschäftsführer des Fachverbands der Finanzdienstleister.

Verboten wären dann zum Beispiel auch Zuwendungen für Nachkäufe, die die Kunden tätigen (man braucht naturgemäß nicht jedes Mal eine Beratung). Ebenso wären Provisionen verboten, wenn die Kunden über die WPF ein Depot eröffnen und über deren Interface bei der Depotbank handeln. Momentan belohnt die Depotbank eine WPF für die Bereitstellung einer solchen Anbindung mit der Vergütung jeder Transaktion.

Tests, Tests, Tests
Zu den Ärgernissen für Fachverbandsgeschäftsführer Kern zählt auch, dass die Kommission den erwähnten Angemessenheitstest im beratungsfreien Geschäft (Ausnahme "Execution only") ausweiten will: Risikotoleranz und Verlusttragfähigkeit sollen zusätzlich abgefragt werden. Vom Umfang her wäre das dann aber schon eine Geeignetheitsprüfung, und die ist ja eigentlich nur im Beratungsgeschäft nötig – ein Widerspruch also.

Neu soll außerdem ein "Best-Interest-Test" kommen, der allein auf den (günstigen) Preis fokussiere, nicht auf die Qualität, kritisiert der Fachverband in einer Stellungnahme. Ein ETF wäre demnach immer besser als ein Fonds. "Das ist einfach nicht ausgegoren", so Kern. Ebenso verwirrend: Den Kunden soll zum Vergleich ein Basisprodukt vorgeschlagen werden, das diese gar nicht nachgefragt haben. (eml)


Den gesamten Text lesen Sie in der neuen Heftausgabe FONDS professionell 3/2023 ab Seite 172 oder nach Anmeldung hier im E-Magazin.