Im Skandal um die Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG hat die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) nach langen Ermittlungen eine erste Anklage beim Landesgericht Eisenstadt eingebracht, die in den Kern der jahrzehntelangen Malversationen vordringt. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende und seine Vorstandskollegin, die beide umfassende Geständnisse abgelegt haben, werden unter anderem wegen Veruntreuung von Bankgeldern, Untreue und betrügerischer Krida angeklagt. Mitangeklagt sind auch drei Unternehmer, die Scheinrechnungen ausgestellt haben und Millionenbeträge erhalten haben sollen. Es gilt für alle die Unschuldsvermutung.

Die nun eingebrachten Schäden sind ein Teilaspekt des Großverfahrens und liegen laut WKStA bei rund 70 Millionen Euro. Insgesamt rechnen die Staatsanwälte auf Basis bisheriger Erkenntnisse mit einem Schaden in Höhe von zumindest 600 Millionen Euro. Zu den Vorgängen in der Mitte 2020 nach einem jahrzehntelangen Betrug zusammengebrochenen Bank laufen noch immer die Ermittlungen.  

Scheinrechnungen und fragwürdige Kredite
In der aktuellen Anklage geht es um knapp 40 Millionen Euro an Bankgeldern, die die ehemaligen Vorstände abgezweigt und mittels Scheinrechnungen ihnen nahestehenden Unternehmern zukommen haben lassen sollen. Ebenso sollen sie Kredite von über 30 Millionen Euro an diese Unternehmen vergeben haben, obwohl die Betriebe "in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten" steckten, wie die WKStA mitteilt. Ausreichende Sicherheiten für diese Kredite gab es demnach nicht.

Zwei der Unternehmen hätten außerdem selbst gefälschte Bilanzen erstellt, so die WKStA. Verantworten müssen sich die beiden Bankvorstände auch wegen Delikten wie Geldwäscherei und Scheckfälschungen, mit denen unrechtmäßig Bargeld aus der Bank behoben wurde. Der Strafrahmen für Veruntreuung, Untreue und betrügerische Krida beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.

Umfangreiches Verfahren
In dem Verfahrenskomplex ermittelt die WKStA gemeinsam mit der SOKO Commerz und dem Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) zudem derzeit weiterhin gegen 35 Beschuldigte, darunter neun Verbände, unter anderem wegen gewerbsmäßig schweren Betruges, Untreue, betrügerischer Krida, Bilanzfälschung, Geldwäscherei sowie wegen diverser Korruptionsvorwürfe. Alleine im Stammverfahren wird noch gegen 14 natürliche Personen und acht Verbände ermittelt. Insgesamt sind im Commerzialbank-Komplex neben dem Stammverfahren derzeit fünf weitere Verfahren offen.

In einem ersten Randaspekt, in dem es um Bestechung und Erpressung ging, wurden der ehemalige Bankchef Martin Pucher und seine Vorstandskollegin im Jänner bereits (nicht rechtskräftig) zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt. Ein ehemaliger Mitarbeiter, der die Vorstände mit der Aufdeckung der Ungereimtheiten um 70.000 Euro erpresst haben soll, erhielt ebenfalls eine bedingte Haftstrafe. (eml)