Einem aufmerksamen Banker im deutschen Freiburg (Baden Württemberg) ist die Aufdeckung eines internationalen Verbrecherrings zu verdanken, dessen Stränge bis in den Libanon reichen. Der Schalterangestellte schöpfte Verdacht, als ein Kunde vergangenen Dezember 100.000 Euro in bar abheben wollte. Er informierte die Polizei, nachdem sich herausstellte, dass der Betroffene von falschen Polizisten kontaktiert worden war. Für die Abholer des Geldbetrags klickten daraufhin die Handschellen. Allein die Auswertung des Telefonverkehrs in diesem Einzelfall zeigte, dass die von den Tätern genutzten Telefonnummern mit über 28.000 Betrugsanrufen in nur 48 Stunden in Verbindung gebracht werden konnten.

Es folgten mehrmonatige Ermittlungen, bei denen 39 Verdächtige identifiziert wurden. Am 18. April kam es zu Razzien in Deutschland, Albanien, Bosnien und im Libanon. In zwölf Call-Centern wurden 21 Personen festgenommen. Neben Datenträgern und Dokumenten wurden vor Ort Bargeld und Vermögenswerte in Höhe von einer Million Euro sichergestellt. Der Schaden dürfte sehr viel höher sein, wie eine Europol-Mitteilung nahelegt. Es ist von "Tausenden Opfern" die Rede.

Verhinderter Schaden von zehn Millionen Euro
Die deutschen Behörden setzten ab Dezember im Rahmen der "Operation Pandora" über hundert Beamte ein, die Anrufe von verdächtigen Nummern überwachten und Inhalte von 1,3 Millionen Gesprächen auswerteten. In vielen Fällen konnten potenzielle Opfer gewarnt werden. Allein der auf diesem Weg verhinderte Schaden betrage zehn Millionen Euro, heißt es bei Europol. Von den bei der Razzia beschlagnahmten elektronischen Beweismitteln erhoffen sich die Ermittler Hinweise auf mögliche weitere Call-Center und Betrüger.

In dem länderübergreifenden kriminellen Netzwerk war es laut den Europol-Angaben zu "Spezialisierungen" gekommen. Betrüger, die ihre Opfer mit falschen Investments lockten, saßen vorwiegend in Albanien. Auf Prepaid-Karten-Abzocke hatte sich das Call-Center im Libanon fokussiert. Die "Schuldeneintreiber“ saßen hauptsächlich in Bosnien, während sich die kosovarischen Beteiligten auf Online-Banking-Betrug konzentriert hatten. Die Anrufer gaben sich dabei je nach Szenario als Verwandte, Bankbeamte, Service-Personal oder Polizisten aus. Zum Repertoire gehörten auch Schockanrufe, bei denen Angehörige unter Druck gesetzt werden. (eml)