Angefacht von einer angekündigten Übergewinnsteuer für Banken in Italien, hat die Diskussion über steigende Zinsüberschüsse der Banken auch Österreich erreicht. So hatte die Debatte über hohe Kredit- und niedrige Sparzinsen erst diese Woche die Bundesregierung auf den Plan gerufen. Das Sozialministerium hat den Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit einer Verbandsklage gegen den Bankensektor beauftragt. Nun meldete sich mit Willi Cernko, Chef der Erste Group und Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer (WKO), erstmals die Branche zu Wort. Cernko gibt sich von den Plänen der Regierung erwartungsgemäß wenig begeistert und warnt in einem Statement auf Linkedin davor, den Bankensektor "mit kurzfristigen, populistischen Maßnahmen" zu schwächen. 

"Willkürliche Maßnahmen schaden dem Wirtschaftsstandort"
Cernko schrieb wörtlich: "In den letzten Tagen ist eine politische Diskussion über Österreichs Banken aufgekommen – von Zinsdebatten bis hin zu neuen Steuern. Mir als Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung in der WKO ist in diesem Zusammenhang Folgendes wichtig: Alle, die mich kennen, wissen, dass ich der 'Das Glas ist halbvoll Typ' bin. Dennoch ist es offensichtlich, dass die anhaltende Teuerung in vielen Bereichen für Private und Unternehmen eine große Herausforderung darstellt. Umso wichtiger, dass wir politische Debatten besonnen und faktenorientiert führen und den Wirtschaftsstandort Österreich und seinen stabilen und starken Bankensektor nicht mit kurzfristigen, populistischen Maßnahmen schwächen. Was meine ich damit? Die EZB fordert seit Jahren, dass Europas Banken profitabler werden müssen und Eigenkapital aufbauen, damit sie für Krisen bestens gerüstet sind. In den Jahren der Corona-Krise waren die Banken Teil der Lösung und haben dafür gesorgt, dass Corona-Hilfen rasch und unbürokratisch ausbezahlt wurden, haben mit flexiblen Lösungen individuell Kredite gestundet usw. All das ist nur möglich, weil wir einen starken und gesunden Bankensektor haben, auf den Politik und Realwirtschaft stets vertrauen konnten. Das Vertrauen in ein Bankensystem ist maßgeblich, um die wirtschaftliche Stabilität aufrechtzuerhalten. Schließlich geht es darum, den Standort Österreich für die Zukunft fit zu machen. Dafür braucht es neben der Möglichkeit allfällige Krisen abzufangen auch enorme Mittel, um die grüne Wende zu finanzieren. Alleine in Österreich haben wir bis 2030 einen zusätzlichen Investitionsbedarf von rund 145 (!) Milliarden Euro, wenn wir klimaneutral werden wollen. Dazu braucht es starke Banken, einen funktionierenden Kapitalmarkt und – wohl am Allerwichtigsten – Vertrauen. Dass Vertrauen sehr leicht verspielt werden kann, haben wir erst unlängst in Italien gesehen. Willkürliche und kurzfristig gedachte Maßnahmen, die den Bankensektor massiv schwächen, schaden dem Investitionsklima und dem Wirtschaftsstandort. Zu der Zinsdebatte: Rund jeder zweite Kreditnehmer hat einen Fixzinskredit – d.h. für diese Personen ändert die aktuelle Zinssituation nichts. Sollte es bei Kreditnehmern mit variabel verzinsten Krediten zu individuellen Stresssituationen kommen, werden die österreichischen Banken ihren Beitrag mit einem Entgegenkommen leisten. Details dazu werde ich in den kommenden Tagen als Spartenobmann präsentieren. Eine aktuelle Erhebung zeigt auch, dass die österreichischen Banken im Europa-Vergleich unter den Top 3 sind, wenn es darum ging, die gestiegenen Leitzinsen an die Sparer weiterzugeben. Wir stehen in guten Gesprächen mit der Bundesregierung und setzen darauf, dass wir alle ein gemeinsames Ziel verfolgen: Den Wirtschaftsstandort Österreich attraktiv zu halten, Arbeitsplätze zu sichern und an einer nachhaltigen Zukunft arbeiten. Dafür braucht es leistungsfähige Banken, die in einem herausfordernden Wirtschaftsumfeld ihren Beitrag leisten!" (gp)