Auf die für Finanzdienstleister obligatorischen Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen (VSH) kommt nach den Ausfällen des Immobilienunternehmens CPI und des Pfandleihunternehmens Golending eine Menge Arbeit zu. Das wurde bei einem Webinar des Finanzdienstleister-Fachverbands mit dem VSH-Anbieter Höher und den Anwälten Johannes Wutzlhofer und Johannes Neumayer deutlich. Die Experten mahnten aus gegebenem Anlass zur Vorsicht bei der Vermittlung von komplexen oder hochriskanten Produktmodellen wie Nachrangdarlehen oder Substanzbeteiligungen.

"Ich muss als Berater das Produkt verstehen. Das klingt banal. Dieser Punkt führt aber am häufigsten zu Problemen", sagt Anwalt Wutzlhofer. "Es ist den Beratern oft nicht klar, was Nachrangdarlehen bedeutet. Da liest man in Unterlagen, dass es zur Eintragung ins Grundbuch kommt. Das kann sein, aber man wird nach dem Senior Lender immer der Zweite sein", so Wutzlhofer. Man müsse wissen, welche Konsequenzen die jeweiligen Produktbedingungen im Detail haben. Selbst bei Lebensversicherungen heiße das: "Wenn ich eine Berechnung nicht verstehe, muss ich mit dem Produktgeber Rücksprache halten."

Risiken müssen erklärt und begründet werden
Anwaltskollege Neumayer mahnte dazu, mehr Wert auf die Risikoaufklärung zu legen. Es sei zu wenig, auf ein Totalverlustrisiko zu verweisen. Der Ausfallhinweis steht bekanntlich auch im Prospekt für kaum gefährdete Staatsanleihen sicherer Länder. "Man muss schon sagen, dass ein Ausfall nicht unwahrscheinlich ist, und begründen, warum das so ist. Und man sollte das protokollieren", so Neumayer. Man müsse Anlegern erklären, dass höhere Zinsen mit hohem Risiko erkauft sind. Er habe Klienten, die auf einen Schlag Hunderttausende Euro eingezahlt haben. "Ein Vermögensberater sollte dringlich warnen und zur Risikostreuung raten", so Neumayer.

Darüber hinaus sollte jeder Berater Paragraf 6 Absatz 3 des Konsumentenschutzgesetzes (KschG) kennen. Der verknappte Inhalt: "Wenn was so verpackt ist, dass man es nicht versteht, dann ist es unzulässig. Das gilt auch für Sie. Sprechen Sie deutsch, einfach und die Wahrheit", rät Neumayer in der Beratung.

Probleme sofort melden
Wenn Kunden Probleme mit einem Produkt signalisieren, sei es wichtig, dass sich die Vermittler sofort beim VSH-Anbieter melden, sagt René Hompasz, Geschäftsführer des Spezialversicherers Höher. Auch, wenn in den Versicherungsbedingungen eine Meldefrist von 15 Tagen steht. Unverzüglichkeit sei geboten, wenn ein Verstoß vorliegt oder Kunden eine Klage einbringen; man solle aber bereits reagieren, sobald ein Kunde sich beschwert. "Wenn jemand anruft und sagt, 'Sie haben mir das vermittelt, ich bin unzufrieden', sollte man das melden. Das hilft uns und Ihnen. Verjährungsfristen beginnen ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers. Wir notieren den Eingang der Beschwerde. Wenn jemand heute sagt, er ist unzufrieden, und dann in drei Jahren klagt, können wir sagen, das ist verjährt", erklärt Hompasz, warum rasches Handeln entscheidend sein kann.  

Er warnt davor, Schäden selbst zu regulieren. In der Praxis werde er immer wieder von Vermittlern kontaktiert, die ihm mitteilen, sie hätten einem unzufriedenen Kunden 500 Euro gegeben. Es komme hier zu einer Obliegenheitsverletzung, da es eine gesetzliche Verpflichtung gibt, einen Versicherungsfall beim VSH-Anbieter zu melden. Eine kleine Forderung könne ein Vorläufer für einen großen Schaden sein.  

Bei den meisten Forderungen gegen Berater handelt es sich der Statistik zufolge um unbegründete Schuldzuweisungen. Rund 80 Prozent der Kosten in seinem Unternehmen betreffen die Abwehr, sagt Hompasz. Nur 20 Prozent der Kosten werden tatsächlich für Beratungsfehler aufgewendet.

Gewerbeumfang und -wortlaut beachten
Alexander Kern, neuer Geschäftsführer des Fachverbands der Finanzdienstleister, mahnte dazu, nur Produkte zu vermitteln, die tatsächlich dem Gewerbewortlaut entsprechen. Der Gewerbewortlaut entscheide über den Berechtigungsumfang, während die Gewerbebehörden aber nicht an vorgegebene Wortlaute gebunden seien, so Kern. Man finde in den Wortlauten unzählige Varianten der Gewerblichen Vermögensberatung.

Fachverbandsobmann Hannes Dolzer betonte, dass Vermittler bei der Abgrenzung ihrer Tätigkeit eine hohe Eigenverantwortung an den Tag legen müssten. Beziehungsweise verwies er auf den Druck oder die Verlockungen der Emittenten, denen man standhalten muss, um nicht in der Haftungsfalle zu landen. Ein Beispiel sind Tippgebermodelle, bei denen nur Kontaktweiterleitung erlaubt und jede Beratung verboten ist. Es komme oft vor, dass sich Unternehmen melden und eine Tippgebervereinbarung vorschlagen, der Form nach aber eine Beratungsdienstleistung verlangen. "Für den Emittenten spielt das keine Rolle, aber für uns ist es entscheidend", so Dolzer. Auch Anwalt Neumayer verwies auf die Attraktivität der Vermittlernetzwerke für emittierende Unternehmen: "Wenn eine Firma nicht weiß, wie sie an Anleger herankommt, bleibt nur der Vermittler." (eml)