Investmentfonds, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben, gibt es unzählige. Doch was steckt wirklich drinnen? Für Anleger, aber auch für Berater ist die Qualität oft sehr schwer zu vergleichen. Das auf ethische Themen spezialisierte Bewertungsunternehmen ESG Plus hat gemeinsam mit der Strategieberatung Obergantschnig und der Denkfabrik Ethico genau nachgesehen und deutsche sowie österreichische Publikumsaktienfonds untersucht.

Laut dem Punktesystem der zu ESG Plus gehörenden Plattform Cleanvest weisen zwar Artikel-6-Fonds (konventionelle Produkte) im Schnitt tatsächlich die schlechteste Nachhaltigkeitsgüte auf. Umgekehrt kann man aber nicht behaupten, dass "hellgrüne" Fonds (Artikel 8) oder "dunkelgrüne" Fonds (Artikel 9) zwingend eine bessere Nachhaltigkeitsqualität bieten. Vielmehr ist die Bandbreite in den Segmenten enorm: Es gibt Artikel-8- oder -9-Fonds mit einer tiefen Nachhaltigkeitsnote von nur 4. Während andersherum viele konventionelle Fonds, die keinerlei Nachhaltigkeitsaspekt bewerben, auf einen guten Score von sechs oder höher kommen.

Die Cleanvest-Bewertungstechnik berücksichtigt 16 Kriterien. Unternehmensaktien werden dabei nach Aspekten wie Vermeidung von Waffen, Atomenergie und Kohle oder Bemühungen um den Artenschutz und die Achtung von Bürgerrechten beurteilt. Der Score geht von null (schlecht) bis zehn (sehr gut). Die folgende Grafik verdeutlicht die Bandbreite bei der Nachhaltigkeitsqualität in den jeweiligen Fondskategorien.

Quelle: ESG Plus GmbH, Obergantschnig Financial Strategies GmbH, Ethico

Auf der x-Achse ist die Nachhaltigkeitsnote zu sehen (je weiter rechts, desto besser). Tatsächlich sind konventionelle Produkte häufiger weiter links zu finden (gelbes Feld). Aber eben nicht nur. Viele herkömmliche Fonds sind genauso nachhaltig wie ihre Artikel-8- oder Artikel-9-Kollegen. Tendenziell weiter rechts, und damit besser in der Nachhaltigkeit, notieren die 775 Artikel-8-Fonds (grau in der Grafik), gefolgt von den 323 Fonds, die nach Artikel 9 (rosa) deklariert sind. Am besten schnitten jene 39 Fonds ab, die sich dem Kriterienkatalog des Österreichischen Umweltzeichens (UZ 49) unterworfen haben. Hier zeigt die Grafik, dass auch die Differenz zwischen "gut" und "schlecht" nicht so breit gestreut ist. 

Dass es bei den Produkten, die mit ESG (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) werben, derart hohe Güteunterschiede gibt, sei "überraschend" gewesen, betonen ESG-Plus-Chef Armand Colard und Ethico-Präsident Josef Obergantschnig, zwei der Studienautoren. Die Spannbreite der Nachhaltigkeitsbewertungen insbesondere bei Artikel-8-Fonds spiegle auch den unterschiedlichen Zugang des Marktes wider. Eingestuft werden die Produkte ja von den Fondsgesellschaften selbst. Die Studienautoren sehen aufgrund der Unterschiede "die Notwendigkeit einer Nachschärfung der SFDR". "Eine klarere Abgrenzung zwischen den Produktkategorien erscheint dabei zwingend erforderlich", heißt es.

Artikel 8 oder 9 nach SFDR
Nach der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) müssen Finanzunternehmen angeben, ob ihre Produkte Artikel 8 oder 9 beziehungsweise konventionell (Artikel 6) sind. In die Kategorie Artikel 8 fallen alle Fonds, die angeben, dass sie ökologische oder soziale Merkmale in der Investitionsentscheidung berücksichtigen, während Artikel-9-Produkte ein klares Nachhaltigkeitsziel anstreben, etwa CO2-Emissionen zu reduzieren. Letztere gelten in der öffentlichen Wahrnehmung oft als "höherwertig".

Was vielfach vergessen wird: Es handelt sich bei der Einstufung nur um eine Transparenzangabe. Die Unternehmen sollen offenlegen, was sie bewerben, beziehungsweise, ob und wie sie Nachhaltigkeit grundsätzlich berücksichtigen. Einen Rückschluss auf den Inhalt solcher Portfolios lässt die Einstufung hingegen nicht zu – konkrete nachhaltige Schwellenwerte (etwa für grüne Mindestanteile in einem dunkelgrünen Fonds) gibt es vorerst nicht. Trotzdem verwenden manche Finanzunternehmen die Begriffe Artikel 8 oder 9 quasi als Gütesiegel.

Österreichische Fonds tendenziell höher bewertet
Nach Ländern ausgewertet, zeigte sich, dass österreichische Fonds oft eine bessere ESG-Qualität bieten. Produkte aus österreichischen Kapitalanlagegesellschaften (KAG) kamen in der Nachhaltigkeitsqualitätsskala auf einen Wert von 6,7. Die Note für die deutschen Asset Manager lag mit 6,2 etwas darunter. Auch die Spannweite der Nachhaltigkeitswerte zwischen null und zehn ist in Österreich geringer als in Deutschland. Dies sei ein weiteres Zeichen für eine höhere Nachhaltigkeitsqualität österreichischer Fonds, heißt es.

Analysiert wurden 1.963 Aktienfonds (Publikumsfonds), welche über eine Vertriebszulassung in Österreich und/oder Deutschland verfügen. (eml)