Stolze 103,2 Meter erhebt sich das Triangle, das zweithöchste Gebäude im rechtsrheinischen Teil von Köln über den Ottoplatz. Hier hat der Vermögensverwalter Flossbach von Storch seinen Sitz, hier wird heute… "Frank Lipowski, hallo, sollen wir direkt los?", fragt der fitte Fondsmanager, als er vom Rad steigt. Und schon startet die herbstliche Tour am Rhein entlang in Richtung des Kultur- und Freizeitparks Tanzbrunnen. 

Er hat quasi als Autodidakt begonnen, seinen Fonds zu managen, erzählt Frank Lipowski. Als er im Januar 2009 seine Probezeit bei Flossbach von Storch antritt, hat er zwar erste Erfahrungen auf der Aktienseite, nicht aber mit Bonds. Anfangs unterstützt er seinen Kollegen Thorsten Vetter im Wandelanleihengeschäft. Als der Flossbach von Storch Bond Opportunities aufgelegt wird, werden Vetter und Lipowski als Portfoliomanager für den neuen Anleihenfonds bestimmt.

Mit rund 15 Millionen Euro gestartet
Im Juni 2009 geht der Fonds mit rund 15 Millionen Euro an den Start. Als er 2013 neu aufgestellt wird und von nun an auch in Hochzinsanleihen investieren darf, liegt das Volumen bei 40 Millionen Euro. Und Lipowskis autodidaktische Arbeit sowie der Freiraum, den Bert Flossbach und Kurt von Storch dem jungen Fondsmanager von Anfang an lassen, zahlen sich aus. Heute ruhen rund sechs Milliarden Euro im Bond Opportunities; seit dem Weggang seines Co-Fondsmanagers Wilhelm Wildschütz Mitte 2023 verantwortet Lipowski den Fonds allein.

Auf der anderen Rheinseite bietet der Dom einen so schönen Anblick, dass ein kurzer Stopp sein muss. Lipowski hat es Ende 2008 in die Rheinmetropole gezogen. "Meine Heimat liegt aber im Westerwald", berichtet er. Dort kommt Frank Lipowski 1980 zur Welt, geht zur Schule, macht sein Abitur. Anschließend absolviert er bei der Dresdner Bank in Limburg und Koblenz eine Ausbildung zum Bankkaufmann. In seiner Freizeit fährt er schon als Schüler gern Mountainbike – und schraubt auch gern an seinem Rad.

Faible für inhabergeführte Firmen
Ersatzteile sind allerdings teuer, und Lipowski muss sie selbst finanzieren. Um Geld zu verdienen, nimmt er Jobs an, mal in der Forstwirtschaft, in seiner Oberstufenzeit auch schon mal bei der Müllabfuhr. Seine Jugend habe auch sein "unternehmerisches Denken" geprägt, sagt er. In große Konzerne hat es Lipowski aber nie gezogen. "Bis heute war ich fast immer in inhabergeführten Firmen tätig", berichtet er. Diese, so seine Erfahrung, böten mehr Freiräume – und genau die sind ihm wichtig.

Bei Flossbach von Storch hat er von Beginn an große Freiräume, berichtet Lipowski, als es vom Tanzbrunnen zurück zum Ottoplatz geht. "Anfang 2009 beschafften sich viele große Unternehmen über Anleihen mit hohen Zinskupons von acht oder neun Prozent Liquidität am Markt", sagt er. So entsteht bei den Kölner Aktien- und Multi-Asset-Spezialisten erstmals Interesse an einem reinen Anleihenfonds. Mitte 2009 wird der Bond Opportunities aufgelegt, von nun an reift Frank Lipowski immer weiter zum Fixed-Income-Experten heran.

Frei und flexibel
Freiraum hat er beim Managen des Fonds selbst, der als Global-Unconstrained-Produkt ohne Benchmark und wie ein "One-Stop-Shop" weltweit in sämtliche Zinspapiere investieren kann. "Bei Flossbach von Storch gab es auch kein 'Erbe', keine Anleihentradition, die fortgeführt werden musste", berichtet Lipowski. "Daher konnten wir auf Situationen wie die Eurokrise, Niedrig- und Negativzinsen oder auf die Kaufprogramme der Notenbanken ganz frei und flexibel reagieren", sagt der Portfoliomanager.

Seine Arbeit als Manager eines Anleihenfonds empfindet Frank Lipowski als inspirierend, aber auch als anstrengend. "Aktienfondsmanager halten ihre Angel gespickt mit einem guten Köder ins Wasser", stellt er einen Vergleich an. "Wenn der Fisch angebissen hat, müssen sie quasi nichts weiter tun." Bondmanager hingegen seien wie Fliegenfischer, die die Angel ständig neu auswerfen müssen. "Wir können eine Anleihe nicht einfach laufen lassen, wir müssen Investmententscheidungen viel häufiger überdenken", sagt Lipowski. 

Kein Lieblingsinvestment
Mancher Aktienfondsmanager mag ein Lieblingsinvestment haben, doch Lipowski würde sein Herz nie an eine bestimmte Anleihe hängen. "Dafür ist unser Turnover viel zu hoch", sagt er. "Zudem entscheide ich mich auch nicht lediglich für ein Papier des Unternehmens XY, sondern muss überlegen, welchen Zinskupon es haben soll, welche Laufzeit und wie es besichert sein soll", erklärt Lipowski. "Wenn ein Equity-Manager nur eine einzige Schaukel hat, habe ich einen ganzen Abenteuerspielplatz", schmunzelt er.

Und was braucht es als Bond-Abenteurer? "Ich würde sagen, ein guter Manager eines Rentenfonds braucht die Beharrlichkeit, gute Investitionen nicht nur deswegen zu verändern, weil sich der Preis geändert hat", sagt Lipowski. "Man muss standhaft sein und gleichzeitig pragmatisch, oder sagen wir: demütig genug, um Dinge auch mal zu korrigieren", erklärt er. Dann schultert er sein Rad und trägt es zum Fahrstuhl, der ihn ins Büro auf der 25. Etage des Kölner Triangle bringt. (am)


Das vollständige Porträt von Frank Lipowski finden Sie in der aktuellen Heftausgabe 4/2023 von FONDS professionell ab Seite 96. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.