Nicht nur in der Politik nimmt die Polarisierung zu, auch an der Börse beobachtet Portfoliomanager Peter E. Huber eine immer ausgeprägtere Divergenz. Und das in doppelter Hinsicht: zum einen zwischen den USA und dem Rest der Welt, zum anderen zwischen Growth- und Value-Aktien. Huber geht angesichts der exorbitanten US-Staatsverschuldung davon aus, dass die Notenbanken im Notfall wieder einspringen werden. Chancen sieht er weiter für moderat bewertete Value-Aktien.

US-Boom schafft Klumpenrisiken
Bedingt durch den Boom des passiven Investierens und die wachsende Popularität von ETFs auf den MSCI-World-Aktienindex und den S&P-500-Index ziehe Amerika "wie ein riesiger Staubsauger das internationale Anlagekapital an die Wall Street", sagt Huber. Während US-Aktien in den vergangenen zehn Jahren um phänomenale 234 Prozent nach oben schossen, hätten die Aktien im Rest der Welt gerade einmal 47 Prozent zugelegt – in US-Dollar und inklusive Dividenden. Die Zuflüsse an Anlagekapital ermöglichten es den USA seiner Meinung nach, im Technologiebereich Indexschwergewichte mit fast monopolartigen Strukturen aufzupumpen. "Was für die Amerikaner ein gravierender Prosperitätsfaktor ist, ist für die Anleger ein erhebliches Klumpenrisiko", warnt Huber. 

Eine weitere Diskrepanz sieht er zwischen Wachstums- und Substanzwerten. So legte der MSCI World Growth in den vergangenen zehn Jahren mehr als doppelt so stark zu wie sein Value-Pendant – inklusive Dividenden. "Der starke Kursanstieg der Wachstumsaktien ging mit einer Bewertungsexpansion einher, da das Gewinnwachstum bei den Unternehmen nicht Schritt halten konnte", sagt der Portfoliomanager. Für Wachstumsaktien werde inzwischen ein durchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 33 bezahlt, Value-Aktien seien dagegen mit einem KGV von 14 und einer Dividendenrendite von 3,2 Prozent moderat bewertet. "Hier finden wir trotz der All-time-Hochs an den Börsen immer wieder attraktive Anlagemöglichkeiten", so Huber.

Börsen-Hausse als Symptom der Schuldenkrise
Die USA sieht er angesichts der enormen US-Budgetdefizite von sieben Prozent des Bruttosozialprodukts (BIP) auf dem direkten Weg in die Schuldenkrise. Dazu weise auch der Privatsektor weltweit bereits eine Rekordverschuldung auf. "Wer die ganzen Staatsschulden finanzieren soll, ist mir völlig schleierhaft", meint Huber. Seine Vermutung: Letztendlich werden die Notenbanken wieder einspringen – unabhängig von der jeweiligen Situation an der Inflationsfront. Mögliche Folge sei eine Vertrauenskrise und eine Flucht in Sachwerte wie Aktien oder Gold.

Die aktuelle Börsen-Hausse könnte bereits der Beginn sein. Huber: "Das würde den Märkten natürlich noch viel Potenzial nach oben eröffnen, zumal der überwiegende Teil der Aktiengesellschaften noch immer eine maßvolle Bewertung aufweist." Trotz aller Risikofaktoren bleibt er deshalb in seiner vermögensverwaltenden Strategie signifikant in Aktien investiert. (jh)