Wie weit reicht die nachvertragliche Informations- und Aufklärungspflicht für Versicherungsmakler? Diese Frage hatte der Oberste Gerichtshof anlässlich eines tragischen Falles zu klären. Die Antwort der Höchstrichter in aller Kürze: Einem Makler sei zumutbar, laufend alle veröffentlichten Gerichtsentscheidungen, die zu einer Risikoerhöhung führen können, zu studieren und Kunden entsprechend zu verständigen.

Die beklagte Partei – ein auf Ärzte spezialisiertes Maklerunternehmen – war im Vorfeld anderer Ansicht gewesen. Hintergrund ist der Fall eines Frauenarztes, der wegen unzureichender Aufklärung bei der Geburt eines behinderten Kindes ("wrongful birth") verurteilt wurde. Eine 2006 eingetretene Änderung der Rechtsprechung sah vor, dass bei einem behinderten Kind nicht nur der Mehraufwand, sondern der gesamte Unterhalt zu zahlen sei.

Der Arzt klagte in weiterer Folge seinen Makler. Dieser hätte ihn über das Haftungsproblem im Zusammenhang mit Wrongful-Birth-Fällen in Kenntnis setzen und eine entsprechende Erhöhung der Deckungssumme empfehlen müssen, so die Anklage. Der OGH gab ihm Recht. Seiner Auffassung nach könne von einem Makler erwartet werden, über einschlägige Probleme Bescheid zu wissen und richtige Auskünfte zu erteilen – zumal die beklagte Partei auf Ärzte spezialisiert war und die Änderung der Rechtsprechung für breites mediales Interesse und Aufsehen in der Berufsgruppe sorgte.

Hinweis allein reicht nicht
Laut OGH gehen die in Paragraf 28 des Maklergesetzes verankerten nachvertraglichen Pflichten aber über die bloße Aufklärung hinaus. Im Entscheidungstext heißt es: "Die Bekanntgabe der Entscheidung reicht für die Erfüllung ihrer Pflichten nicht aus, geht es doch um die Verpflichtung des Versicherungsmaklers zu einem Best-Risk-Management, somit die Prüfung, ob die Erhöhung des versicherten Risikos als Folge der Judikaturwende eine Erhöhung der Versicherungssumme empfehlenswert macht."

Der Schaden, der dem verurteilten Frauenarzt entstanden war, hing laut OGH kausal mit dem Fehlverhalten des Maklers zusammen. Allerdings könnte dem Kläger im Nachgang auch ein Mitverschulden angerechnet werden, sofern ihm die Änderung der Rechtsprechung bekannt war. Diese Frage müsse nun in einem fortgesetzten Verfahren geklärt werden, heißt es. (dw)