Unsere amerikanischen Kollegen haben ein neues Benotungssystem eingeführt, welches das dortige Rating sinnvoll ergänzt. In Europa können wir davon vorerst nur träumen.

Der sogenannte Fiduciary Grade, grob übersetzt Treuhandnote, bewertet zunächst 500 der größten und wichtigsten Investmentfonds der USA nach mehreren Kriterien hinsichtlich ihrer Anlegerfreundlichkeit, wie im Artikel von Natalia Siklic erläutert. Damit tritt neben das rein quantitative Rating eine wichtige qualitative Komponente, wie sie in dieser Form sonst nirgendwo den Anlegern zur Verfügung gestellt wird.

Ein wichtiger Auslöser für die Konzeption dieses neuen Systems war sicherlich der Fondsskandal in den USA, in den zahlreiche Anbieterfirmen verwickelt waren. Zwar gab es in Europa keinen derartigen Skandal. Ich kann mich jedoch des hartnäckigen Verdachts nicht entledigen, dass dies nur daran liegt, dass unsere Aufsichtsbehörden zahnlose Tiger sind und wir auch über keine Staatsanwälte vom Kaliber eines Eliot Spitzer verfügen, der wesentlich an der Aufklärung der Vorfälle beteiligt war.

Aber selbst falls in Europa niemals eine Fondsgesellschaft wissentlich Tauschgeschäfte mit Hedgefonds zum Schaden der restlichen Fondsanteilseigner getätigt haben sollte, so liegt doch sicher noch Vieles im Argen. Überhöhte Gebühren, Quersubventionen bei den Transaktionen, das völlige Fehlen von unabhängigen Aufsichtsräten sowie mangelnde Transparenz bei den Vergütungssystemen der Fondsmanager sind da nur einige Stichworte. Würden wir heute Treuhandnoten für europäische Investmentfonds einführen, so würde die Mehrzahl der hier zugelassenen Fonds vermutlich eher schlecht abschneiden.

Leider bleibt dies jedoch auf absehbare Zeit Zukunftsmusik: Zum Einen hat Morningstar in Europa noch nicht die notwendigen Ressourcen zur Verfügung, um eine solch aufwendiges Projekt durchzuführen. Und zum Zweiten ist die Branchenkultur hier noch längst nicht so weit, dass man eine breite Kooperationsbereitschaft seitens der Fondsgesellschaften voraussetzen könnte. Seien Sie jedoch versichert, dass wir auch ohne ein institutionalisiertes System weiterhin den Fondsanbietern als Anwalt der Anleger auf die Finger klopfen werden. Die positive Resonanz unserer Leser bestärkt uns dabei.