Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat in einem Bericht zur Libor-Affäre um manipulierte Zinssätze die Führung der Deutschen Bank um die Co-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen scharf kritisiert. Der gesamte Vorstand sowie der Aufsichtsrat hätten die Affäre nicht angemessen aufgearbeitet, schreibt das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" unter Berufung auf diesen Bericht in seiner aktuellen Ausgabe. Nach wie vor sei daher nicht geklärt, "ob eine Beteiligung oder Kenntnis des Senior Managements bezüglich möglicher Manipulationsversuche bestand".

Die BaFin hatte durch die Bundesbank, mit der sie bei der Aufsicht zusammenarbeitet, in einer Sonderprüfung untersuchen lassen, wie bei der Deutschen Bank die Prozesse zur Ermittlung der Libor-Zinsen organisiert waren. In einer zweiten Prüfung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young sollte klären, ob die Deutsche Bank den Libor-Skandal intern angemessen aufgearbeitet hat, wie der Spiegel berichtet. Die BaFin hat die beiden Untersuchungen zu einem Zwischenbericht zusammengefasst und bewertet, er ging der Deutschen Bank im August 2013 zu.

"Im Ergebnis zeigt der Ernst & Young-Bericht, dass es im Umgang mit den Vorwürfen zum Libor keine hinreichende Aufklärung und Untersuchung der Vorgänge innerhalb der Bank gab", so fasst die BaFin ihre Erkenntnisse nach Angaben des Spiegels zusammen. Auch die Berichte der Deutschen Bundesbank zeigten "schwerwiegende Missstände und gravierende organisatorische Defizite" auf.

BaFin vermisst personelle Konsequenzen
Dem von Jain und Fitschen versprochenen Kulturwandel (FONDS professionell ONLINE berichtete) spricht die BaFin die Ernsthaftigkeit ab. "Als neuer Vorstand haben Sie zwar einen Kulturwandel angekündigt", heißt es laut dem Magazin in dem Bericht. "Im vorliegenden Fall entsteht jedoch der Eindruck, dass Sie klare Konsequenzen, insbesondere personeller Art, nicht gezogen haben." Zudem falle eine Vielzahl von Personen auf, die nach wie vor an neuralgischer Stelle tätig und von der neuen Führung teilweise erst befördert worden seien, etwa Alan Cloete und Richard Walker, die heute dem erweiterten Vorstand angehören.

Die Deutsche Bank hält den Vorwürfen der BaFin nach Spiegel-Angaben entgegen, sie kooperiere "vollumfänglich mit den Aufsichtsbehörden im Rahmen der verschiedenen aufsichtsrechtlichen Untersuchungen". Zudem führe sie eine eigene laufende und sehr umfangreiche Untersuchung zu den Vorgängen um Referenzzinssätze durch. Diese Untersuchung habe gezeigt, "dass einzelne Mitarbeiter auf eigene Initiative Verhaltensweisen an den Tag gelegt haben, die nicht den Standards der Bank entsprechen". Die Bank habe jedoch gegenüber Mitarbeitern angemessene Maßnahmen ergriffen. Zudem hat die Bank einen Sonderbeauftragten eingestellt, der die Abläufe des Geldinstituts stärker kontrollieren soll (FONDS professionell ONLINE berichtete).