Noch im vergangenen Jahr wurden lateinamerikanische Fonds im Zuge der Argentinien-Krise von den Anlegern gemieden wie die Pest. Heute wissen wir, dass sie einen guten Einstiegszeitpunkt verpasst haben. Ist der Zug jetzt schon abgefahren?

Seit Jahresbeginn haben die 37 in Deutschland zugelassenen Fonds der Kategorie Aktien Lateinamerika durchschnittlich eine Wertentwicklung von 33,4 Prozent erreicht. Zum Vergleich: die Kategorie Aktien weltweit schaffte bislang nur 9,7 Prozent.

Im vorigen Jahr hatte das alles noch ganz anders ausgesehen: Lateinamerikafonds mussten durchschnittlich Verluste von 32,5 Prozent hinnehmen, geringfügig mehr als die global anlegenden Aktienfonds. Dies verdeutlicht die hohe Volatilität, die für Schwellenmärkte so typisch ist. Für ein Kerninvestment sind diese Fonds sicher nicht geeignet, aber durch ihre noch immer relativ geringe Korrelation zu etablierten Märkten können sie als Beimischung sogar zur Risikominderung im Depot beitragen.

Falsche Scheu

Die beste Performance im laufenden Jahr zeigt bislang der ISI Latin America Equities mit einem Plus von 44,4 Prozent. Über die Gründe für diese Leistung können wir leider nur mutmaßen, das uns seit Ende Februar kein Portfolio mehr von der Fondsgesellschaft aus dem dänischen Apenrade geliefert wurden. Was wir wissen ist, dass der Fonds mit Ausnahme des Jahres 2001 seit Auflegung im Februar 1998 stets zum besten Quartil der Kategorie gehörte. Schade, dass man sich im hohen Norden nicht zu mehr Transparenz durchringen kann. Bei einem unrentablen Fondsvolumen von nur 1,45 Mio. Euro sollte eigentlich Interesse an der Verbreitung aktueller Daten bestehen.

Immerhin 8,4 Mio. US-Dollar sind im Gartmore Latin America investiert. Mit 43,2 Prozent erzielten die Briten den bislang zweiten Ranglistenplatz in diesem Jahr. Die Konstanz der Ergebnisse ist hier mittelfristig allerdings geringer: drei unterdurchschnittlichen Jahren in 1998, 2000 und 2001 stehen drei Jahre gegenüber, in denen sowohl Index als auch Kategoriedurchschnitt geschlagen werden konnten (1999, 2202 und 2003). Leider ist auch die Volatilität mit 31,4 Prozent recht hoch.

Die 44 Positionen im Portfolio stammen vor allem aus dem Mid-Cap-Bereich. Defensive Sektoren wie Versorger und Verbrauchsgüter haben ein leichtes Übergewicht, weshalb der Fonds in der Morningstar Style Box im Valuebereich angesiedelt wird

Nur knapp dahinter rangiert mit 41,2 Prozent Rendite der Lion Fortune Latin American Equities. Fondsmanager Patrice Lemonnier von der Fondstochter der Crédit Lyonnais konnte allerdings im Gegensatz zu den beiden bereits besprochenen Fonds über drei Jahre kein positives Alpha generieren, dafür war die Überschussrendite im Vergleich zum Risiko zu gering (Standardabweichung 32,2 Prozent). Und das, obwohl das Portfolio mit 96 Positionen breit gestreut ist.

Das Schlusslicht bildet der Deutsche GlobalSpectrum Latin American Fund mit einer Rendite von nur 23,2 Prozent seit Jahresbeginn. Hier setzt sich eine Tradition der Unterperformance fort, in jedem der vergangenen sechs Jahre lag der Fonds unter dem Kategoriedurchschnitt.

Fraglich ist, ob sich ein solch erfolgreiches Jahr für lateinamerikanische Aktien in 2004 wiederholen lässt. Viel hängt - wie immer - davon ab, wie sich die US-amerikanische Konjunktur entwickeln wird. Die lateinamerikanischen Volkswirtschaften, allen voran Mexiko, sind stark vom Export in die USA abhängig. Sollte den überschuldeten Privathaushalten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten doch einmal die Luft beim Konsum ausgehen, müssen sich die südlichen Nachbarn warm anziehen.