Aus dem österreichischen Immobilienfondsmarkt kam es im Jahr 2023 zu kräftigen Nettoabflüssen in Höhe von 1,72 Milliarden Euro; 15,6 Prozent des Fondsvermögens schmolzen netto durch den Rückzug von Anlegern dahin, das zeigen Zahlen der Finanzmarktaufsicht (FMA). Und der negative Trend hat sich im ersten Quartal 2024 weiter fortgesetzt. Das betonte Birgit Puck, Bereichsleiterin Wertpapieraufsicht, vergangene Woche bei den Fondstagen der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG): In den drei Monaten bis Ende März 2024 floss netto mehr als eine halbe Milliarde Euro ab, oder knapp sechs Prozent des Fondsvermögens. Bei einem Fonds – dem LLB Semper Real Estate – musste die Rücknahme der Anteilscheine vergangenen Oktober suspendiert werden.

Um weiteren Schocks vorzubeugen beziehungsweise um Ansteckungen aus diesem Bereich zu verhindern, hat die FMA ihre Aufsichtsmaßnahmen verschärft. "Bei Immobilienfonds haben wir ein 14-tägiges Reporting aufgesetzt", so Puck. Die Aufsicht werte regelmäßig die Exposures der Fonds aus. In einem weiteren Schritt werde man im dritten Quartal im Asset Management einen Stresstest zum Zinsänderungsrisiko durchführen.

Cybercrime-Vorfälle stark angestiegen
Zusätzlich erhöht die FMA ihre Maßnahmen bezüglich der Cyberbedrohung. Die Risiken seien auf einem sehr hohen Niveau, so Puck, die auf den Cybercrime-Report des Innenministeriums verwies. Demnach gab es im Jahr 2022 gut 60.000 angezeigte Cybervorfälle, ein Plus von über 30 Prozent zum Jahr davor. Etwas mehr als 20.000 Straftaten konnten geklärt werden. "Wir erwarten alle, dass durch DORA eine entsprechende Antwort erfolgt", so Puck.

Die ab 2025 anwendbare EU-DORA-Verordnung (Digital Operational Resilience Act) macht den Unternehmen am Finanzmarkt Vorschriften, wie sie ihre Widerstandsfähigkeit gegen digitale Bedrohungen zu stärken haben. Nicht nur die Asset Manager, sondern auch die Aufsicht sei durch die Umsetzung herausgefordert, so Puck. Um den Neuerungen Rechnung zu tragen, hat die FMA einen "DORA-Hub" aufgesetzt, in dem Vertreter aller relevanten FMA-Bereiche zusammenarbeiten. Eingerichtet wurde auch eine eigene E-Mailadresse (dora@fma.gv.at), über die Betroffene Fragen zum Thema einreichen können. Noch im zweiten Quartal ist ein DORA-Workshop der Aufsicht für die Sonderkreditinstitute (Investmentgesellschaften, Immobilienfonds, Vorsorgekassen) geplant sowie eine weitere Informationsveranstaltung im vierten Quartal.

Zudem soll auf die Digitalisierungsstudien ("Austrian Digital Landscape“) aus den Jahren 2018 und 2021 im Jahr 2024 eine dritte Untersuchung folgen, die diesmal eine "DORA-Gap-Analyse" inkludiert. Dazu wird in Fragebögen erhoben, wie die Unternehmen etwa mit Meldungen zu Vorfällen umgehen oder wie das Risikomanagement aufgestellt ist. Die Branchenverbände haben die Erhebungsformulare erhalten und können noch Input geben. "Ende Mai wollen wir die Fragebögen ausschicken. Wir bitten Sie, Ihre Erfahrungen mit uns zu teilen", appellierte Puck an die Vertreter der Fondsbranche.

Fondsvergleichs-Tool
Mit Neuerungen müssen sich die Kapitalanlagegesellschaften (KAGen) auch hinsichtlich der Produktkonkurrenz auseinandersetzen. Die FMA arbeitet an einem Vergleichsinstrument für Investmentfonds. Möglicherweise könnte dieses noch bis Jahresende online gestellt werden. Es soll ähnlich wie die Ende 2023 freigeschaltete "Zertifikate-Lupe" funktionieren, die nach Upload der Dokumente einen Vergleich ermöglicht.

Im Nachhaltigkeitsbereich müssen sich die 640 hellgrünen österreichischen Fonds und die zwölf Artikel-9-Produkte auch 2024 wieder auf eine Greenwashing-Analyse einstellen. Beim Screening kommt künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz. Es wird ermittelt, ob die Fondsnamen mit den Investments übereinstimmen beziehungsweise die Angaben nach Offenlegungsverordnung (SFDR) passen.

Fondsnamen
Apropos Fondsnamen. Die europäische Wertpapierbehörde ESMA arbeitet weiter an den "Fund Names Guidelines". Zuletzt schlug die ESMA vor, dass Fonds, die sich nachhaltig nennen, unter anderem einen Mindestanteil von 80 Prozent an entsprechenden Investments haben sollen. "Wir erwarten, dass das im heurigen Jahr abgeschlossen wird und im nächsten Jahr für die Branche relevant wird", so Puck. Die ESMA selbst hatte vergangenen Dezember eine Veröffentlichung im zweiten Quartal angekündigt. 

Grundsätzlich seien beim Thema Nachhaltigkeit in der Veranlagung Vereinfachungen nötig, betonte Puck. "Wir glauben, es ist viel zu kompliziert", so die Aufseherin. Man müsse sich überlegen, wie man das Geld für die milliardenschweren Investitionen in eine grüne Wirtschaft aufbringt. "Bei der Kapitalmarktaktivität ist die EU längst nicht dort, wo sie hin will", so Puck. (eml)