Die Fondssparten der Deutschen Bank und der französischen BNP Paribas streichen von weiteren Fonds das Artikel-9-Etikett gemäß der Offenlegungsverordnung (SFDR). BNP stuft 26 Artikel-9-Fonds mit einem Gesamtvolumen von 16 Milliarden Euro herab, davon sind 24 Indexfonds. Bei der DWS sollen acht weitere Fonds mit einem Volumen von rund einer Viertelmilliarde Euro nicht mehr unter der Bestnote laufen, berichtet die Nachrichtenagentur "Bloomberg". Die Deutsche-Bank-Tochter hatte zuvor bereits Fonds im Volumen von rund zwei Milliarden Euro heruntergesetzt.

DWS und BNP folgen einer Serie solcher Abstufungen von Artikel-9-Fonds von allen großen Namen der Branche von Blackrock über Amundi bis zur Allianz-Tochter Pimco. So stufte der französische Fondsriese Amundi nahezu alle seine Artikel-9-Fonds auf Artikel 8 herab. Dies betraf rund 100 Fonds mit einem Vermögen von rund 45 Milliarden Euro. Insgesamt sind weit über 100 Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen inzwischen von den Herabstufungen betroffen.

"Situation etwas chaotisch"
Alle Asset Manager begründeten den Schritt mit Interpretationsunklarheiten bezüglich des Regelwerks der Europäischen Union (EU) für nachhaltige Investitionen, so "Bloomberg". Die Signale weisen nun darauf hin, dass die europäischen Behörden von Artikel-9-Fonds zu praktisch 100 Prozent nachhaltige Anlagen fordern. "Die Situation ist im Moment etwas chaotisch", sagt Hortense Bioy, Chefin des Bereichs Nachhaltigkeitsanalyse bei der Fondsratinggesellschaft Morningstar. "Die EU hat ein sehr ehrgeiziges, aber auch extrem komplexes Offenlegungsregime geschaffen."

Die Marktanalystin schätzt, dass weniger als fünf Prozent der Artikel-9-Fonds derzeit die Anforderung einer 100-prozentigen Nachhaltigkeit erfüllen. Hunderte weiterer Fonds könnten somit herabgestuft werden. Die Morningstar-Analysten rechnen in den kommenden Wochen und Monaten, dass Artikel-9-Fonds mit einem Volumen von mindestens 81 Milliarden Euro zu Artikel-8-Fonds herabgestuft werden und damit weniger strengen Vorschriften unterliegen. Zudem fürchtet die Fondsbranche den Vorwurf, bei nachhaltigen Investments Schönfärberei zu betreiben. So ringt die DWS mit einem Greenwashing-Skandal.

Präzisierung gefordert
Einige Vermögensverwalter zögern indessen mit Neueinstufungen in der Hoffnung, dass weitere Präzisierungen der EU-Behörden es ihnen ermöglichen werden, die Einstufungen beizubehalten. Die europäische Finanzmarktaufsicht ESMA hatte im Herbst die EU-Kommission gebeten zu klären, was sie unter einer "nachhaltigen Anlage" versteht. Die Kommission gab an, sich der Problematik bewusst zu sein und daran zu arbeiten.

"Es ist dringend notwendig, dass die Aufsichtsbehörde nicht nur klärt, was als nachhaltiges Investment gilt und was nicht, sondern auch, welche Methoden zur Berechnung des Portfoliorisikos für nachhaltige Investitionen akzeptabel sind", sagt Bioy "Bloomberg" zufolge. Der derzeitige Mangel an Klarheit könne den Ruf des europäischen ESG-Regelwerks, der Sustainable Finance Disclosure Regulation, beschädigen.

"Nicht in die Irre geführt werden"
Auch bei Investoren löst dies zunehmend die Sorge vor Greenwashing aus. Der Kleinanlegerverband Better Finance sucht deshalb nun das Gespräch mit Politik und Behörden. "Wir brauchen viel klarere Leitlinien von den Behörden, um sicherzustellen, dass wir nicht in die Irre geführt werden und uns keine grün gewaschenen Anlageprodukte verkauft werden", sagte Guillaume Prache von Better Finance der Nachrichtenagentur "Bloomberg". Die Gruppe, die rund vier Millionen Kunden in 25 Ländern repräsentiert, habe Treffen mit der EU-Kommission und der ESMA anberaumt. (Bloomberg/ert)