Ratings, Sterne und Siegel haben auf Entscheidungen privater Anleger einen weit geringeren Einfluss als erwartet und von den Bewertern und Fondsgesellschaften erhofft. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) in einer aktuellen Studie. 

In der repräsentativen Untersuchung zur Rolle von Ratings, Siegeln und Awards bei Finanzentscheidungen gaben 63 Prozent der befragten Kapitalanleger an, dass ein Rating oder andere Qualitätseinstufungen für sie bislang keinerlei Rolle gespielt hätten. Lediglich ein Viertel erklärte, dass ein Rating Einfluss auf die jeweilige Entscheidung hatte. Der Rest wusste es schlicht nicht oder machte keine Angaben dazu.

Quelle: DIA

Rating-Bewertungen spielen nur eine Nebenrolle
Gemessen an den verschiedenen Kriterien, die privaten Investoren bei der Auswahl von Anlageprodukten wichtig sind, spielen Rating-Bewertungen nur eine untergeordnete Rolle. Ganz vorn steht die Sicherheit der Kapitalanlage (56 Prozent), danach folgt die Renditechance (33 Prozent). Dahinter folgen Bekanntheit des Anbieters und seine Markenstärke (22 Prozent / 16 Prozent). Nur 13 Prozent nannten ein Rating, ein Qualitätssiegel oder eine entsprechende Bewertung durch Dritte ein wichtiges Auswahlkriterium. "Das wirft die Frage auf, ob es sich tatsächlich lohnt, Geld für externe Bewertungen auszugeben, wenn diese ohnehin nur von einem ziemlich kleinen Teil der potenziellen Kundschaft in Betracht gezogen werden", sagt Studienautorin Sylvia Kreyßel-Minar.

Immerhin scheint die Bedeutung der diversen Auszeichnungen und Ratings mit höherem Einkommen zuzunehmen. Von den Befragten mit einem monatlichen Einkommen von mehr als 4.000 Euro achten 24 Prozent auf die Rating-Bewertung. Zudem ist der Anteil derer, die sich von Ratings leiten lassen, in den jüngeren Altersgruppen deutlich größer, nimmt mit dem Alter dann aber sehr schnell ab. Unter den Jüngeren, die häufiger auf Ratings schauen, gibt es indes eine Mehrheit, die ihre Entscheidung auch ohne Kenntnis des Ratings so getroffen hätte. Mit anderen Worten: Es hätte dieses Qualitätsmerkmals gar nicht bedurft. Erst mit steigendem Alter bindet die kleine Gruppe von Investoren, die sich an Einstufungen Dritter orientiert, ihre Entscheidung auch stärker daran.

Quelle: DIA

Die geringe Beachtung von Ratings, Sternen und Siegeln liegt auch an ihrem geringen Bekanntheitsgrad. 37 Prozent der Befragten kannten keine einzige der zur Auswahl gestellten Ratingagenturen. Je älter, desto weiter ist die Unkenntnis verbreitet. Unter den Jüngsten waren es 20 Prozent, die mit keinem Namen in der gestützten Befragung etwas anfangen konnten, unter den Ältesten 52 Prozent.

Unkenntnis bei Nachhaltigkeits-Labeln 
Noch mehr Unkenntnis herrscht bei den Siegeln für nachhaltige Kapitalanlagen. Mit 54 Prozent kannte die absolute Mehrheit keines der aufgelisteten Nachhaltigkeits-Label für Finanzprodukte. Ausnahmslos kamen alle Label nur auf einen einstelligen Bekanntheitswert. Das Siegel von Ecoreporter war gerade einmal fünf Prozent ein gängiger Begriff. Nicht viel besser beim FNG-Siegel, das für nachhaltige Geldanlagen in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und in der Schweiz verliehen wird: Damit wussten gerade vier Prozent etwas anzufangen.

Die geringe Kenntnis der Klassifizierungen zur Nachhaltigkeit führt nach Angaben der Studienautoren zwangsläufig auch zu einer geringen Relevanz bei den Anlageentscheidungen. Lediglich ein Fünftel der Befragten gab an, dass ihre jüngste Investition ein Nachhaltigkeits-Label besaß. Dabei sind es vor allem die Jüngeren, die auf eine solche Einstufung bei ihrer Auswahl achteten. Unter den 18- bis 29-Jährigen gaben immerhin 42 Prozent an, dass ihre jüngste Kapitalanlage eine Nachhaltigkeits-Beurteilung durch Dritte aufwies. 

Einheitliche Qualitäts-Label könnten helfen
"Das Ziel der EU, Investment-Entscheidungen mit einem einheitlichen Qualitätssiegel, dem Ecolabel, zu vereinfachen, ist absolut zweckdienlich. Ob es Erfolg hat, wird aber auch davon abhängen, ob eine Bereinigung im Markt stattfindet. Selbst aufgeklärten Anlegern, die Nachhaltigkeit zu einem harten Auswahlkriterium machen, fällt es derzeit schwer, sich in dem Dickicht der Siegel, ESG-Ratings und Umweltzeichen zurechtzufinden", resümiert Sylvia Kreyßel-Minar. (jh)