30 Jahre gibt es das EU-Ecolabel schon. Schuhe, Möbel, Kosmetika, aber auch Hotels können es tragen, wenn sie umweltfreundlicher oder gesünder sind als vergleichbare Angebote. Ausgerechnet auf den Finanzbereich, den die EU seit Jahren grün einfärben will, ist es bisher aber nicht anwendbar. Dabei dauern die Arbeiten an einem EU-weiten grünen Finanz-Gütesiegel schon Jahre.

Ende 2018 beschloss die EU-Kommission, ihr 1992 geschaffenes Ecolabel auf Finanzprodukte auszuweiten. Vergleichsweise schnell sollte das geschehen, bis spätestens Ende 2020. "Es wurde jedoch bald klar, dass die Produktgruppe zu komplex ist für einen so ambitionierten Zeitplan", sagte der zuständige österreichische Referent Raphael Fink unlängst beim Finanzplaner Forum in Wien. Nach mehrfachen Verzögerungen sei nun ein finaler Beschluss auf EU-Ebene frühestens für November 2022 geplant, sagte Fink, der am österreichischen Umweltbundesamt für die Zuteilung zuständig sein wird (vergeben wird das Zeichen jeweils von den befugten nationalen Stellen). Wahrscheinlich dürfte aber selbst eine Veröffentlichung der Ecolabel-Verordnung im ersten Quartal 2023 mit Fragezeichen behaftet sein.

Diskussion über Produkte und Schwellen
Der Grund für den Aufschub: Die Mitgliedsstaaten sind verschiedener Meinung darüber, an wen ein solches Siegel vergeben werden sollte. Nach dem letzten Vorschlag aus dem März 2021 seien zum Beispiel nur Retailprodukte als Label-Träger vorgesehen. "Aber es ist absehbar, dass auch institutionelle Fonds dazukommen. Dafür hat sich Österreich eingesetzt", so Fink. Laut dem momentanen Vorschlag können Aktien-, Anleihen- und Mischfonds, Dachfonds und Retail-AIFs ausgezeichnet werden. Fondsgebundene Lebensversicherungen dürfen das Label ebenfalls bekommen. Dazu kommen Giro- und Sparkonten – wobei deren Würdigkeit hart diskutiert wurde.

Ein zentraler Streitpunkt ist zudem, wie grün ein Produkt für ein EU-Ecolabel überhaupt sein muss. Die Ansichten gehen laut Fink weit auseinander. Die verschiedenen Lobbygruppen fordern, dass die Produkte zu 30 bis 100 Prozent der EU-Nachhaltigkeitstaxonomie entsprechen müssen. Derzeit staffelt der Vorschlag die grünen Mindestanteile am Umsatz und an den Investitionsausgaben so: Bei Aktien- und Mischfonds werden wenigstens 50 Prozent Taxonomiekonformität gefordert, bei Anleihenfonds und AIF über 70 Prozent, und bei Dachfonds werden zumindest 90 Prozent der Investitionen in umweltverträgliche Wirtschaftstätigkeiten erwartet. Für Versicherungsprodukte gilt, dass die dahinterliegenden Fonds diesen Bedingungen entsprechen müssen. Bei Giro- und Sparprodukten sind ausschließlich taxonomiekonforme Projektfinanzierungen erlaubt.

Sind Waffen grün?
Außerdem wird es Ausschlusskriterien geben. Tabu sind nach aktueller Fassung Fossil- und Nuklearenergie, Staaten mit Todesstrafe sowie Produktion und Handel konventioneller Waffen (Umsatzgrenzen bei fünf Prozent). Wobei sich noch einiges ändern könnte: Darüber, ob konventionelle Waffen wirklich ausgeschlossen sein sollen, werde momentan eine Diskussion mit hohem Druck geführt, betonte Fink.

Während die Details noch unklar sind, steht beim Anspruchsniveau schon eine große Linie fest: "Die EU-Kommission hat sich bewusst dafür entschieden, dass sie mit dem Ecolabel für Finanzprodukte die grüne Nische adressieren will und nicht den breiten Markt", so Fink. In einer Untersuchung der für den Finanzmarkt zuständigen Generaldirektion der EU-Kommission schafften von 101 gescreenten Aktienfonds nur drei alle Hürden für das Ecolabel, wie Fink erklärt. Es ist damit zu erwarten, dass insbesondere am Beginn nur ein geringer einstelliger Prozentanteil der Fonds überhaupt die Ecolabel-Bedingungen erfüllt.

Das liege auch daran, dass vorerst die Umwelt im Vordergrund steht, während andere Nachhaltigkeitsbereiche wie Soziales und Unternehmensführung in der Taxonomie noch nicht vorkommen. Ein breiter SRI-Fonds werde es damit schwerer haben, so Fink.

Keine Konsolidierung nationaler Labels
Die nationalen Nachhaltigkeitszeichen sollen indes durch das EU-Ecolabel nicht ersetzt werden. Vom ursprünglichen Ziel, die Gütesiegel-Landschaft zu vereinheitlichen, sei die EU abgerückt. "Ich denke, es wird ein zusätzliches Label sein und nicht zu einer Konsolidierung führen", so Fink. Die einzige Vorgabe sei, dass nationale Gütesiegel, die nach der Ecolabel-Verordnung auf den Markt kommen, die Standards des EU-Gütesiegels nicht unterschreiten dürfen. Das österreichische Umweltzeichen (UZ49) – das älteste seiner Art in Europa – oder das FNG-Siegel bleiben davon unberührt. (eml)