Fünf internationale Vermögensverwalter stellten sich in Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck und Wien den Fragen von Dachfondsmanagern, Privatbankern und gewerblichen Vermögensberatern. Im Zentrum stand – kein Wunder angesichts der zehnten Zinssteigerung der EZB – auch das Zinsumfeld.

Claudia Fontanive-Wyss, Fondsmanagerin des Vontobel Euro Corporate Bond Fund, hob bei ihrem Vortrag in Wien hervor, dass man in Europa und den USA vorerst keine Zinssteigerungen sehen wird, eher eine Rücknahme. Im Anleihenbereich sei es momentan "ein guter Moment, um die hohen Kupons einzuloggen. Wenn die Zinsen sinken, kann das schnell gehen. Dann möchte man dabei gewesen sein", so Fontanive-Wyss.

Euro-Investment-Grade-Anleihen seien attraktiv wie lang nicht. Die Rezession im Euroraum werde kurz ausfallen, dazu tragen die gesunkenen Gaspreise bei. Zugleich seien die Unternehmen in guter Verfassung, der Verschuldungsgrad auf einem zehnjährigen Tief, die Zinsdeckung sehr hoch, die Unternehmen hätten in Corona-Zeiten ihre Cashflows geschont. In diesem Umfeld fühle sich das Fondsmanagement auch in nachrangigen Bankanleihen wohl, die höhere Kupons bieten. Die Banken verdienen schließlich auf der Zinsseite wieder sehr gut. Bei den Kupons sieht sie eine Fehlpreisung, die einen Einstieg attraktiv mache: "Der Markt preist eine Ausfallrate von 13,5 Prozent bei Euro-Investment-Grade ein, im schlimmsten Fall waren es aber nur 2,4 Prozent."

Long bei Emerging Markets
Schlechte Stimmung, guter Einstiegszeitpunkt – diese Überlegung lässt sich momentan ebenso für die Emerging Markets anstellen, wie Walter Liebe, Senior Investment Advisor bei Pictet, deutlich machte. Schwellenmärkte haben nach einer Hochphase zu Beginn des Jahrtausends ein "verlorenes Jahrzehnt“ hinter sich. Laut Liebe ist in den vergangenen Jahren jedoch eine komplett neue Qualität in den Markt gekommen, viele Vorurteile würden nicht mehr stimmen. Waren früher fast alle Schwellenmärkte in Dollar verschuldet, sind heute bereits 47 Prozent des Volumens in Lokalwährung ausstehend.

Die positive Konsequenz: Trotz der stark gestiegenen Dollar-Zinsen gibt es diesmal nur kleinere Ausfälle – wie Sambia – und keine Ansteckung der Gesamtmärkte. Den Investoren stünden heute mehr Emittenten offen, der Markt sei diversifizierter und liquider. Laut Liebe liegen die annualisierten Renditen in den Emerging-Markets-Equities seit 2001 noch immer bei acht Prozent – trotz der zahlreichen Krisen. Im S&P-Index waren es 8,3 Prozent.

Geopolitik im Vordergrund
Mehr Mut für den langen Blick dürfte sich auch bei den Rohstoffen auszahlen, mit denen Anleger in den vergangenen Jahren eine Achterbahnfahrt erlebten. Oleg Schantorenko, Client Portfolio Manager bei DJE, meinte, es könne auf diesen Märkten zwar immer Schocks geben, "doch zunehmend tritt die Bedeutung der Geopolitik in den Vordergrund". Die Knappheit der Ressourcen ziehe sich im Unterschied zu früher in alle Bereiche. Zölle und Exportstopps würden immer häufiger; bis hin zu Exportbeschränkungen für Reis oder Zucker aus Indien.

Dominierend bleibe aber der Rohstoffhunger durch die Energiewende: Der Bedarf nach dem für die E-Mobilität nötigen Kupfer werde 2030 das Fünfeinhalbfache von 2021 sein, bei Mangan sind es über neun Mal mehr.

Minen und China
In Teilen setzt auf die Rohstoffstory auch Rothschild & Co AM. Im R-Co Valor, ein Mischfonds mit vermögensverwaltendem Ansatz, wird zwar monatlich neu völlig frei über die Ausrichtung entschieden. Bodenschätze zählen jedoch zu den großen Trends, wie Co-Manager Charles-Edouard Bilbault betonte. Wie DJE geht der R-Co Valor nicht in den Rohstoff selbst, sondern in die Unternehmen.

Zu den Top-Positionen gehören Titel, wie die kanadischen Ivanhoe Mines, die bis 2030 zum zweitgrößten Kupferproduzenten weltweit aufsteigen dürften. Ivanhoe zähle zur zunehmenden Zahl von Minenunternehmen, die nachhaltige Sozial- und Umweltstandards nachweisen können, wie Bilbault in Wien sagte. Er wählt zwar auch Titel wie Google oder Meta, andererseits findet man aber auch weniger bekannte Top-Picks wie den chinesischen Reisedienstleister Trip.com.

ESG-fitte Dividenden
Ein globales Portfolio bestückt auch Axel Brosey, Senior Fondsmanager bei Laiqon, im LF – Green Dividend World. Der Fonds sucht dabei gezielt nach ESG-fitten Dividenden-Titeln. Infrage kommen für Brosey zum einen "Pure Player" wie der Bremer Windparkentwickler Energiekontor: "Die haben früh auf die Energiewende gesetzt, sind profitabel, haben eine niedere Verschuldung und hohe Margen." Zum anderen setzt er auf  Transformationsunternehmen – also solche aus traditionellen Sektoren, die Verbesserungen einbringen. "Wir können die Klimaprobleme nicht allein durch Verzicht lösen, wir brauchen Transformation", so der Portfoliomanager. Der Fonds gilt momentan als einziger in Österreich zugelassener Dividendenfonds nach Artikel 9 der Offenlegungsverordnung. (eml)