Eigentlich scheint es sich bei aktiven Fonds einerseits und börsengehandelte Fonds (ETFs) andererseits um strikt getrennte Welten zu handeln. Doch ganz so klar ist die Trennung nicht. Denn es gibt durchaus ETFs, bei denen Manager Entscheidungen treffen. Dieses bislang überschaubare Feld erhielt zuletzt erheblichen Zulauf. So kletterte das weltweit in solchen Produkten verwaltete Vermögen per Ende Februar 2021 auf immerhin 318 Milliarden US-Dollar, berichtet der Datenanbieter ETFGI. Im Dezember 2019 war das Volumen nicht einmal halb so groß.

"Aktive ETFs erlangten bislang im Markt noch keine große Bedeutung", sagt Christian Machts, Wholesale-Vertriebsleiter für Deutschland, Österreich und Osteuropa bei Fidelity International. "Dies ist auch darin begründet, dass regulatorisch noch nicht klar definiert wurde, was aktive ETFs im Detail ausmacht." Klar ist immerhin, dass ein börsengehandelter Fonds nicht zwangsläufig einen Index abbilden muss.

Gewissensfrage
Was hingegen meist Pflicht ist: ETFs müssen börsentäglich Einblicke ins Portfolio gewähren. Dieser Punkt lässt aktive Manager bislang davor zurückschrecken, ihre Strategie in den Mantel eines ETF zu packen. Zu groß ist die Angst vor Nachahmern, Trittbrettfahrern oder Akteuren, die per Arbitrage die Transparenz ausnutzen. Zudem stehen aktive Anbieter vor einer Gewissensfrage. "ETFs stehen für ein kostengünstiges Investment. Die Frage bei aktiven ETFs ist, ob die Anbieter bereit sind, dafür von ihren hohen Kosten herunterzukommen", sagt Sebastian Külps, Länderchef Deutschland und Österreich bei Vanguard.


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Um einzelne Hürden auszuräumen, starteten die Regulierer in manchen Ländern Testläufe, bei denen sie hohen Transparenzvorgaben zurückzuschraubten und bei ETFs weniger häufige Einblicke ins Portfolio erlaubten. In USA, Kanada und Australien gibt es bereits Ansätze. Allerdings offenbaren sich dabei wiederum neue Hindernisse. "Die US-Aufsicht SEC erlaubt zwar nicht-transparente ETFs", sagt Külps. "Dies stellt das Market Making aber vor Hürden. Die Anbieter müssen demzufolge die Handelskosten besonders im Blick behalten."

Baustein im Margenschwund
Dennoch billigen die Branchenbeobachter dem Segment weiteres Wachstumspotenzial zu. "Aktive ETFs müssen zeigen, dass sie nach Kosten eine Outperformance erbringen. Dann können sie sich durchaus am Markt durchsetzen", meint Külps. Sein Fidelity-Kollege Machts ergänzt: "Die Vorteile der ETFs sind, dass sie günstig, einfach handelbar und transparent sind." Dementsprechend sei es ein ganz logischer Entwicklungsschritt, wenn aktive Strategien in diesem Vehikel umgesetzt werden, sobald die regulatorischen und handelstechnischen Hürden überwunden seien. "Ich kann mir vorstellen, dass Kunden diese kaufen werden, wenn das Angebot ausgereift ist", resümiert Machts.  

"Die Anleger stimmen mit ihren Geldbeuteln ab und investieren in aktive ETFs", zeigt sich wiederum Ryan Blute, Leiter des Produktmanagements für die Region Europa, Nahost und Afrika bei Pimco, überzeugt. Er kann sich zudem vorstellen, dass irgendwann auch in Europa die für aktive ETFs wichtige Transparenzhürde fällt. "Die Aufseher in Europa beobachten genau die Entwicklung nicht-transparenter ETFs in den USA, Kanada und Australien. Die europäischen Regulierer haben ein Interesse an einem wettbewerbsfähigen Finanzmarkt."

Kommen jedoch immer mehr aktive Strategien im Mantel eines günstigen ETFs auf den Markt, wird dies wohl den Preiskampf verschärfen. "Diese Entwicklung könnte zusätzlichen Druck auf die Margen im Asset Management bringen", meint Fidelity-Mann Machts. "Dies wäre ein weiterer Baustein im Margenschwund der Branche." (ert)