Bei den Fondsanbietern laufen die letzten Vorbereitungen, um für einen ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union gewappnet zu sein. Boris Johnson, der mögliche künftige Premierminister des Vereinigten Königreichs, hatte angekündigt, die EU auf jeden Fall zum 31. Oktober verlassen zu wollen – notfalls auch ohne Vertrag.

Ein solcher Schritt hätte große Auswirkungen auf zahlreiche Investmentfonds. "Das größte Risiko eines No-Deal-Brexits liegt aus meiner Sicht darin, dass etliche Prospekte für Wertpapiere und Fonds unrichtig werden", warnte Christian Waigel, Partner der Münchner Kanzlei Waigel Rechtsanwälte, bereits im März (FONDS professionell ONLINE berichtete). Die Anlagebedingungen würden oftmals nur Investitionen im EU/EWR-Raum vorsehen. Sprich: Werden die Formulierungen im Prospekt nicht rechtzeitig geändert, droht ein Fonds mit britischen Aktien oder Anleihen im Portfolio seine Anlagegrenzen zu verletzen. Dann seien mögliche Schadensersatzansprüche die Folge, warnt Waigel.

Änderungen bei zwei Credit-Suisse-Fonds im August
Aktuell hat nun Credit Suisse Asset Management die Anleger des CS (Lux) Europe Equity Absolute Return und des CS (Lux) Small and Mid Cap Alpha Long/Short darüber informiert, dass die Anlagegrundsätze geändert werden, "um klarzustellen, dass die Region Europa neben sämtlichen EU- und EFTA-Ländern auch das Vereinigte Königreich umfasst". Diese Änderungen treten am 1. August 2019 in Kraft.

FONDS professionell ONLINE hörte sich bei einigen anderen großen Asset Manager um, ob auch sie ihre Fonds mittlerweile "Brexit-sicher" aufgestellt haben. Allianz Global Investors teilte mit, dass dieses Thema für die hierzulande vertriebenen Produkte quasi keine Rolle spiele, da die entsprechenden Fonds entweder Europa als geografische Anlageregion oder Euroland vorsehen würden. Ähnlich äußerte sich eine Amundi-Sprecherin für die in Deutschland aufgelegten Fonds des französischen Asset Managers. Auch eine Blackrock-Sprecherin sagte, der US-Vermögensverwalter würde in seinen Fonds nur auf die geografische Region Europa abstellen, nicht aber auf die EU als politische Einheit.

DWS hat Verkaufsprospekte für neun Fonds überarbeitet
Fidelity International teilt mit, dass die Mehrheit der Fidelity-Fonds mit Europa-Fokus den MSCI Europe als Vergleichsindex hat, in dem Großbritannien mit circa 25 Prozent gewichtet ist. Der Indexanbieter hatte im April klargestellt, dass er bei einem Brexit britische Wertpapiere aus dem MSCI EU ausschließen wird, nicht aber aus anderen Regionalindizes wie dem MSCI Europe.

Die DWS hat bei neun Publikumsfonds die Anlagepolitik so angepasst, dass sie auch nach einem Brexit noch in Großbritannien investieren können. Bei zwei Fonds traten die Änderungen schon am 1. Januar dieses Jahres in Kraft, bei vier Produkten am 1. Februar und bei drei Portfolios am 15. März.

Anpassung erfolgte schon im März
"Wir haben unsere Produktpalette frühzeitig analysiert und lediglich bei fünf Fonds Anpassungsbedarf identifiziert: bei einem Aktienfonds und bei vier Rentenfonds", so ein Sprecher der Deka. Alle Anpassungen seien bereits zum ursprünglichen Brexit-Termin im März umgesetzt worden. "Sollte es nun zum Brexit kommen, so wären unsere Retail-Publikumsfonds alle entsprechend aufgestellt", betont der Sprecher.

Auch Union Investment hatte die Verkaufsprospekte wo nötig schon per Ende März angepasst, so dass die ursprünglich auf die Europäische Union abgestellten Anlagerestriktionen um Großbritannien erweitert wurden. Es gebe allerdings nur vier Union-Fonds, die einen Mindestanteil an Investitionen im Vereinigten Königreich vorsehen, so ein Sprecher. "Darüber hinaus ist festzustellen, dass unsere Fonds in ihrer Ausrichtung nicht durch einen EU-Austritt Großbritanniens beeinflusst würden." (bm)