Seit geraumer Zeit waberten Gerüchte über einen Zusammenschluss der Deutschen Bank mit der Commerzbank durch die Gassen der Finanzmetropole Frankfurt. Nun ist es offiziell: Die beiden Geldhäuser führen Gespräche über eine Fusion. Zuvor hatte schon der deutsche Finanzminister Olaf Scholz verkündet, dass "die Bundesregierung ein fairer Begleiter von privatwirtschaftlichen Diskussionen" sei.

Die Initiative für den Zusammenschluss geht offenbar eher von Scholz und dessen Staatssekretär Jörg Kukies – ehemals Deutschland-Co-Chef von Goldman Sachs – aus als von den Top-Entscheidern der Geldhäuser selbst. Die Politiker fürchten wohl, dass die Deutsche Bank eine erneute Finanzkrise nicht überstehen würde. Ihr Kalkül ist, aus zwei fußlahmen Geldhäusern einen kräftigen Branchenprimus zu schmieden.

Abschreckendes Beispiel
Doch diese Rechnung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht aufgehen. Den Beleg liefert ein Beispiel aus der deutschen Wirtschaftsgeschichte: der Industriekonzern Thyssen-Krupp. Im Jahr 1997 versuchte Hoesch-Krupp seine kriselnde Stahlsparte per Befreiungsschlag zu sanieren, und zwar durch die feindliche Übernahme des viel größeren Konkurrenten Thyssen. Die Attacke scheiterte zwar an einer Indiskretion, doch am Ende machten die einst konkurrierenden Stahlriesen gemeinsame Sache.

Rund 20 Jahre später steht die Industrie-Ikone vor dem Zerfall. Nach dem Zusammenschluss war Thyssen-Krupp zunächst jahrelang mit sich selbst beschäftigt. Nach gigantischen Fehlinvestitionen in Brasilien sowie im US-Bundesstaat Alabama blieb dem Unternehmen 2017 kein anderer Ausweg, als die Stahlsparte an den indischen Konkurrenten Tata Steel abzugeben.

Programmierte Lähmung
Ähnlich wie bei Thyssen und Krupp würde auch aus dem Bündnis zweier margenschwacher Finanzunternehmen noch lange kein gesunder, geschweige denn überlebensfähiger deutscher Platzhirsch entstehen. Eine tragfähige, zukunftsweisende Geschäftsstrategie fehlt beiden Häusern seit langem. Nicht umsonst wurden ihre Aktien bis zur Bekanntgabe der Fusionsgespräche von Investoren tunlichst gemieden. Dass nun rasch zündende Ideen gefunden oder überfällige Digitalisierungsschritte beherzt in Angriff genommen werden, scheint eher unwahrscheinlich.

Wahrscheinlicher ist, dass eine vereinte Bank auf Jahre bis Jahrzehnte hinaus um sich selbst kreisen würde, während Wettbewerber – auch aus dem wendigen Fintechlager – links vorbeiziehen. Und ob ein mit einer flächendeckenden Integration vereinnahmtes Haus eine weitere Finanzkrise besser zu stemmen vermag als zwei einzelne Institute, darf bezweifelt werden.

Deutschlands Banken – die neue Stahlbranche?
Die Parallelen von Banken und Stahlkonzernen sind beileibe nicht neu. Bereits der langjährige Vorstands- und Aufsichtsrat der Deutschen Bank, Ulrich Cartellieri, hatte Anfang der 1990er-Jahre prophezeit, dass Banken die gleiche Entwicklung durchleben würden wie Stahlkonzerne. So könnte die Vision von Scholz & Co. nicht in einem deutschen Branchenprimus, sondern in einem Deutschland-Ableger eines anglo-amerikanischen, französischen oder chinesischen Finanzriesen münden. Schon heute stammen die vier nach Bilanzsumme größten Geldhäuser aus Fernost.