Es ist wieder einmal so weit, das Schreckgespenst "Provisionsverbot" geht um. Die Brüsseler Bürokraten, allen voran die zuständige Kommissarin Mairead McGuinness, holen den regulatorischen Dauerbrenner wieder aus der Schublade, nachdem es um das Thema zuletzt eher ruhig war. Der Hintergrund: McGuinness arbeitet gerade an der sogenannten Retail Investment Strategy (RIS), die Teil der Kapitalmarktunion-Agenda der Europäischen Kommission ist.

Ein Ziel des Gesetzgebers ist, Kleinanleger zu motivieren, sich an den Kapitalmärkten zu beteiligen. Am 3. Mai soll McGuinness ihre Vorschläge präsentieren. Dass sie einerseits Kleinanlegern den Kapitalmarktzugang erleichtern will und andererseits ein völliges Provisionsverbot verlangt, klingt allerdings paradox. Weiß man doch mittlerweile, dass die Provisionsvermittlung auch Vorteile hat, gerade für Kleinanleger bietet sie eine niedrige Hemmschelle, um qualifizierte Beratung in Anspruch nehmen zu können.

Die "Vorreiter" Niederlande und Großbritannien haben mit Provisionsverboten klar gezeigt, welche Nachteile ein Verbot hat. Einer – angeblichen – Verbesserung der durchschnittlichen Beratungsleistung steht der Umstand entgegen, dass in beiden Ländern nur ein kleiner Teil der Bevölkerung Zugang zu professioneller Finanzberatung hat. Zudem darf man in der Diskussion nicht vergessen, dass das klassische Provisionsmodell in der Wertpapierberatung schon heute deutlich eingeschränkt ist. Provisionen dürfen bei einer nicht unabhängigen Anlageberatung derzeit nur fließen, wenn sie qualitätsverbessernd sind. Bei unabhängiger Anlageberatung müssen bereits heute alle Vorteile von dritter Seite an die Kunden weitergegeben werden. Insofern wäre es wünschenswert, wenn es auch zukünftig ein Nebeneinander unterschiedlicher Vergütungsformen gäbe, dies würde einer Unterversorgung von Kleinanlegern vorbeugen. Und um deren Interessen geht es doch, oder?