Die lang erwartete Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) bezüglich Negativzinsen bei Krediten liegt nun vor (FONDS professionell berichtete), und auf den ersten Blick scheinen Banken mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein. 

Zur Erinnerung: Bereits im Februar 2015 informierte eine österreichische Bank ihre Kunden darüber, auch sie ihnen auch dann nichts auszahlen werde, wenn dies aus dem Kreditvertrag abgleitet werden könnte. Im Klartext: Fallen Libor oder Euribor auf minus ein Prozent und wurde ein Aufschlag von 0,8 Prozent vereinbart, könnte der Kreditnehmer annehmen, dass ihm die Bank 0,2 Prozent schuldet.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) nahm dies zum Anlass, um auf Unterlassung zu klagen. Der VKI sah eine Verletzung der Pflicht zur Vertragstreue und eine mit dem Einfrieren des Sollzinssatzes bei null Prozent verbundene Verletzung der Anpassungssymmetrie. Das Erstgericht teilte die Rechtsansicht des VKI, das Berufungsgericht hingegen wies die Klage ab, und auch der OGH gab nun der Revision des VKI nicht statt. Das Höchstgericht betrachtet das Einfrieren der Sollzinsen bei null Prozent als zulässig. Die Kreditinstitute können also aufatmen, zu einer Auszahlung von Negativzinsen an Kreditnehmer wird es nicht kommen. 

Sieht man sich das OGH-Urteil im Detail an, zeigt sich, dass es für etliche heimische Banken trotzdem unerfreulich sein könnte. Vor allem für jene, die ihre Marge bisher nicht gegen den Refinanzierungsindikator gerechnet, sondern quasi als Mindestzinssatz festgelegt haben, denn eine solche Regelung bestätigt der OGH in seinem Urteil nicht. 

Marktbeobachter lesen das nun vorliegende Urteil so, dass die Bankenmarge sehr wohl gegen den Refinanzierungsindikator gerechnet werden muss. Derzeit liegt der Drei-Monats-Euribor bei minus 0,33 Prozent. Wurde 1,5 Prozent Marge vereinbart und zieht man dieser die 0,33 Prozent ab, dann müsste der Kunde 1,17 Prozent bezahlen. Viele Banken betrachten die 1,5 Prozent jedoch als Untergrenze.

Der Unterschied ist nicht unbeträchtlich: Bei einem Kreditvolumen von 250.000 Euro und einer Marge von 1,5 Prozent ergibt sich seit dem 01.07.2015 auf Basis des Drei-Monats-Euribor eine Differenz (Zinsen und Tilgung) von 1.015 Euro. Eine diesbezügliche OGH-Entscheidung steht derzeit noch aus, dem Vernehmen nach bereiten sich einige Banken bereits auf entsprechende Rückzahlungen vor.


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