Kaum ein Thema erhitzte die Gemüter in der Finanzbranche in den letzten Monaten so sehr wie die strengeren Vorgaben für die Vergabe von Hypothekarkrediten. Als am 1. August 2022 die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) in Kraft trat, stellte dies eine Zäsur für Finanzdienstleister dar.

Die Vermittlung von Wohnbaukrediten ist seit Langem für viele Berater ein wesentliches Geschäftsfeld. Die strengeren Regeln bewirkten einen deutlichen Einbruch bei der Neukreditvergabe. Das ganze Ausmaß zeigen die Daten der Nationalbank (OeNB). Bereits im August 2022 ging das Neukreditvolumen im Vergleich zum Vorjahr um 33 Prozent zurück, in den Folgemonaten verstärkte sich der Negativtrend noch. Im März dieses Jahres lag der Volumensrückgang schon bei 62 Prozent. Zwar wurde die KIM-V Anfang April geringfügig gelockert, eine grundsätzliche Entschärfung der Situation hat sich dadurch allerdings nicht ergeben. Dies zeigen die jüngsten Daten der OeNB für den Monat April: Wurden im Vorjahr in diesem Monat noch eine Volumen von 2,5 Milliarden Euro an Neukrediten für Wohnbauzwecke vergeben, so liegt der Wert dieses Jahr bei 860 Millionen Euro, dies entspricht einem Rückgang von 66 Prozent.

Eine Verbesserung im Bereich der KIM-V ist aktuell genauso wenig absehbar wie ein Ende des Zinsanstiegs. Das Zinsumfeld – mit insgesamt acht Zinserhöhungen seit Juli 2022 – stellt für das Kreditgeschäft ein zusätzliches Problem dar, das kurzfristig ebenfalls nicht verschwinden wird. Die aktuelle Situation zeigt, dass im Finanzdienstleistungsbereich nicht Spezialisierung, sondern ein diversifiziertes Geschäftsmodell die klügere Strategie ist. Während auf Finanzierungsprofis, die bislang ihre Zeit und Energie in erster Linie in die Kreditvermittlung gesteckt haben, schwierige Zeiten zukommen, haben Berater, die auch Wertpapier- und Versicherungsgeschäft anbieten können, bessere Chancen. Die nicht enden wollende Debatte über Provisionsverbote legt überdies nahe, nicht nur die Breite des eigenen Geschäftsmodells zu überprüfen, sondern auch die dabei möglichen Vergütungsmodelle. Darauf, dass sich der "Zeitgeist" ändert und die EU sowie der Gesetzgeber die Zügel wieder lockern, darf man hingegen kaum hoffen.