Eine Rechtsauffassung der Finanzmarktaufsicht (FMA) sorgt derzeit für Unverständnis bei vielen Marktteilnehmern. Es geht um den Crowdinvesting-Anbieter Kitzventure, der wie ein Fonds agiert, ohne sich den dafür geltenden Regularien unterwerfen zu müssen. Das Unternehmen bietet Privatanlegern eine jährliche Verzinsung von 9,75 Prozent in Form eines Nachrangdarlehens an. Darauf angesprochen erklärte die FMA laut "Kurier" vor Wirtschaftsjournalisten: "Wir haben uns die Sache genau angesehen, es ist kein alternativer Investmentfonds. Damit ist die FMA nicht als Aufsicht zuständig." Für Kitzventure ist das eine gute Nachricht, für die Branche eher weniger.

Die Investmentfirma will laut Kapitalmarktprospekt wie ein Venture-Capital-Fonds "Beteiligungen an Unternehmen im In- und Ausland" eingehen und in die "Gründung von Start-up-Unternehmen" investieren. Außerdem soll Geld aus den Nachrangdarlehen der Anleger in die eigene Tochtergesellschaft Kitztrust fließen. Bis auf dieses letztgenannte Investment standen bei Auflage des Prospekts noch keine Beteiligungen fest. Die Investoren zahlen also zunächst in einen "Blindpool" ein.
 
In der Fonds- und Crowdinvesting-Branche wundert man sich, dass das Kitzventure-Modell nicht als Alternativer Investmentfonds (AIF) klassifiziert wird, für den das sehr strenge österreichische AIFM-Gesetz gelten würde. Der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft TPW Horwath testierte Kapitalmarktprospekt stellt das Geschäftsmodell unmissverständlich dar: Wie die direkt investierenden MIG Fonds, die dem AIFM-Gesetz unterliegen und dementsprechend reguliert sind, zeichnet der Prospekt das Bild eines Venture-Capital-Fonds.

Abgesehen davon bezeichnet sich Kitzventure selbst als "Private-Equity-Gesellschaft", die in junge Unternehmen, die nicht an der Börse notieren, investieren soll. Die Firma wurde erst 2015 gegründet, ist mit 90.000 Euro nicht voll eingezahltem Stammkapital ausgestattet und kann noch keinen Leistungsnachweis vorlegen. Inzwischen ist Kitzventure nach eigenen Angaben unter anderem an Zalando, Facebook, Wirecard und an der österreichischen Post beteiligt. Außerdem gehört dem Unternehmen nach eigenen Angaben zu hundert Prozent die deutsche Markenmacher Media & Venture GmbH, die voriges Jahr gegründet wurde.
 
Wenn man weiß, wie sehr die FMA einst die geschlossenen Fonds ablehnte und wie akribisch sie das AIFM-Gesetz in den letzten Jahren umsetzt, kann man sich als Beobachter über die Haltung der FMA nur wundern. Alternative Investmentfonds sind – nüchtern betrachtet – für Privatanleger in Österreich eigentlich unerwünscht. Für Kitzventure gelten aber scheinbar andere Spielregeln. Die FMA-Ansage "Wir können nur allgemein warnen: Marktunübliche hohe Zinsversprechen wie 9,75 Prozent gibt es nicht ohne Risiko" klingt in den Ohren der regulierten Marktteilnehmer wie Hohn.