Vanguard rechnet in einer soeben vorgelegten Studie vor, dass sich europäische Anleger seit 2011 durch Indexfonds gut 90 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten gespart haben. Die Zahl ist beeindruckend und sicherlich nicht völlig falsch. Dennoch darf diese Kalkulation nicht wirklich als zutreffend gelten, denn sie lässt einen wichtigen Faktor außen vor.

Es stimmt schon: ETFs und andere Indexprodukte sind deutlich günstiger als aktiv verwaltete Fonds. Das hat zwei wesentliche Gründe: Zum einen werden aus den Gebühren aktiv verwalteter Fonds die Gehälter und das Equipment der Portfoliomanager und Analysten bezahlt, die die Anlageentscheidungen vorbereiten, treffen und umsetzen. Zum anderen enthalten viele Anteilsklassen Vertriebsentgelte. Sie sind in der Regel für den größeren Teil der Kostendifferenz zwischen einem aktiven und einem Indexfonds verantwortlich.

Ein wirklich fairer Vergleich sieht anders aus
Diese Vertriebsentgelte, also vor allem die Provisionen für die Banken und Vermittler, haben ein denkbar schlechtes Image, nicht nur bei Verbraucherschützern und in der Politik, sondern auch bei vielen Privatanlegern. Diesen miesen Ruf hat sich die Branche mit manchen schlechten Produkten und fragwürdigen Anlageempfehlungen zu einem guten Teil selbst erarbeitet. Aber – und das wird gerne vergessen: Dieses Geld hilft wesentlich dabei, eine wichtige Dienstleistung zu finanzieren, nämlich die Beratung der Kunden.

ETFs und andere Finanzprodukte, die keine Vertriebsprovisionen ausschütten, eignen sich per Definition nur für Anleger, die ihre Investmententscheidungen entweder selbst treffen möchten oder aber dazu bereit sind, einen Honorarberater oder Vermögensverwalter zu bezahlen. Für einen fairen Vergleich der Kosten aktiver und passiver Fonds müsste diese Kostenkomponente berücksichtigt werden. Indexfonds wären dann wahrscheinlich immer noch günstiger, aber der Unterschied fiele deutlich geringer aus.

Viele Verbraucher benötigen Beratung – und die kostet
Hinzu kommt, dass viele Privatkunden von sich aus gar nicht auf die Idee kämen, ihr Geld an der Börse für sich arbeiten zu lassen. Sie brauchen den Anstoß durch einen Berater oder Vermittler. Dieser Schubs kostet sie zwar Geld und Rendite. Unter dem Strich wäre es für diese Verbraucher aber deutlich teurer, auf eine solche – wie auch immer finanzierte – Beratung zu verzichten.