Wer meint, mit defensiven Aktien und Staatsanleihen ein gut diversifiziertes Portfolio konstruiert zu haben, geht ein großes Risiko ein, meint Richard Zellmann, Geschäftsführer des Frankfurter Fondsanbieters First Private Investment Management. Im Gastbeitrag für FONDS professionell ONLINE erläutert er die Probleme solcher Portfolios und zeigt Alternativen auf. (bm)


Das Zinsgespenst ist zurück. Mit dem Wahlsieg Donald Trumps werden am Markt längst tot geglaubte Szenarien gespielt: eine deutliche Steigerung der Staatsausgaben zur Stärkung des Wachstums, mehr Protektionismus, steigendes Inflationspotenzial und damit womöglich schneller steigende Leitzinsen in den USA. Innerhalb kürzester Zeit fuhren Staatsanleihen herbe Verluste ein.

Damit wird denjenigen Anlegern, die zu viele Anleihen im Depot haben, der Spiegel vorgehalten. Ohnehin sind Sparer derzeit schwer gebeutelt, zumal erste Privatkunden mit Negativzinsen belastet werden. Bereits die zweite Volksbank in Deutschland erhebt seit Oktober einen Zins von minus 0,4 Prozent auf Tagesgeldkonten ab einer Anlagehöhe von 100.000 Euro. Anleger müssen also dafür zahlen, dass sie ihr Geld zur Bank bringen. Die Zinswelt steht Kopf. Bleibt als Lösung nur der Weg zu mehr Risiko?

Fakt ist: Die Bedingungen des Marktumfelds stellen Investoren bei der Kapitalanlage vor immer größere Herausforderungen. Insbesondere das zinslose Risiko an den Anleihemärkten ist für konservative und auf Sicherheit bedachte Anleger ein Problem.

Die sinkenden, teils negativen Renditen von sicheren Staatsanleihen lassen den als Ruhepol beziehungsweise Risikopuffer fungierenden Teil des Portfolios und damit die Absicherung wegfallen. Mehr noch: Die Kursfantasie ist bei erreichtem Nullzins ebenfalls erschöpft. Erhielten Investoren bei der klassischen zehnjährigen Bundesanleihe vor acht Jahren noch einen Kupon von über vier Prozent, bekommen sie aktuell nur noch 0,3 Prozent Zinsen.

Vermeintlich gut diversifiziert: Defensive Aktien und Staatsanleihen
Auswege aus diesem Dilemma gibt es, sie bedeuten aber meist ein höheres Risiko, unabhängig von der Wahl der Asset-Klasse. So entschädigten bei Investitionen in Anleihen bislang zwar noch die weiter steigenden Kursgewinne. Doch diese unnatürliche Entwicklung hat die Zinsabhängigkeit der Finanzmärkte und die Verlustrisiken in zinssensiblen Bereichen merklich erhöht: Sollten die Zinsen demnächst angehoben werden, sei es auch nur moderat, drohen an den Anleihemärkten massive Verwerfungen. Gerade für Investoren mit dem Fokus auf Kapitalerhalt ist das eine denkbar schlechte Ausgangssituation.

Auf der Suche nach Zinsersatz schichten viele Anleger in Qualitätsaktien aus dem Nahrungsmittel- und Gesundheitssektor um, um über Dividenden weiterhin laufende Erträge zu generieren. Diese defensiven Aktien weisen im aktuellen Umfeld zwar die geringsten Schwankungen auf, sind aber mittlerweile aufgrund der extremen Zuflüsse sehr hoch bewertet und somit potenziell hohen Verlustrisiken ausgesetzt. Zugleich mischen Investoren sichere, aber zinslose Staatsanleihen bei, um über ein vermeintlich diversifiziertes Portfolio zu verfügen. Diese Strategie kann in der nächsten Krise auch überraschend mal nicht stützen, sondern ganz im Gegenteil die Verwerfungen an den Märkten über die Zinsseite sogar auslösen und beschleunigen. Bei einem Szenario steigender Zinsen könnten defensive Titel extreme Abflüsse verzeichnen, weil Anleger etwa auf sichere Festgeldanlagen umsteigen, die dann wieder bessere Erträge abwerfen. Aktien mit der aktuell geringsten Volatilität würden also massive Verluste erleiden und plötzlich mehr schwanken als der Gesamtmarkt. Das ist zwar ein seltenes Ereignis in der Geschichte der Kapitalmärkte, aber erste Tendenzen gab es im Sommer bereits.

Absolute-Return: Marktunabhängig Mehrwert erwirtschaften
Die Beimischung von alternativen Anlagestrategien erfüllt dagegen die Anlagepräferenzen von Sparern deutlich besser. Sogenannte Absolute-Return-Ansätze versuchen unabhängig vom aktuellen Zins- und Marktumfeld in jeder Phase vernünftige Erträge zu erzielen. In der Regel kommen dabei Long-Short-Strategien zum Einsatz, sogenannte unkorrelierte Alpha-Strategien. Ihr Ziel ist es, fundamentale Ineffizienzen im Markt zu identifizieren und gezielt auszunutzen. Auf diese Weise erzielen alternative Konzepte wie marktneutrale Aktienstrategien, Währungs- oder Volatilitätsstrategien einen Mehrwert für das Portfolio. Der Multi-Asset-Strategiefonds First Private Wealth etwa hat über die Hälfte der Performance der letzten Jahre durch den Einsatz von Alpha-Strategien erwirtschaftet. Die akribische Suche nach solchen marktunabhängigen Renditequellen erfordert ein solides Handwerk des Fondsmanagers unter Einsatz verschiedener Finanzinstrumente, darunter Derivate.

Alternative Konzepte stellen mittels vernünftiger Risikokontrolle die Absicherung des Portfolios in den Vordergrund. Gleichzeitig wird die Chance auf beständige Erträge gewahrt, ohne das Kapital der Anleger einem signifikant höheren Risiko auszusetzen. Absolute-Return-Strategien sind daher langfristig ein notwendiger Bestandteil des Portfolios. Sie bilden neben risikoarmen Anlagen aus Staatsanleihen und chancenreichen Asset-Klassen wie Aktien oder Rohstoffen die dritte, marktneutrale Komponente, die zusätzliche Stabilität und Ertragskraft verleiht.