Der jüngste Rutsch bei vielen Anleihekursen feuert am europäischen Aktienmarkt die Branchen-Rotation an. Wie schon in der Zeit nach den US-Wahlen schichten Investoren in Aktien um, die von einer Belebung des Wirtschaftswachstums und steigenden Fremdkapitalkosten am stärksten profitieren dürften.

Für den entscheidenden Funken sorgten dieses Mal aber die Renditen der europäischen Staatsanleihen. Banken und Minenwerte führen die Rally an, während Titel aus dem Gesundheits- und Telekommunikationssektor unverändert hinterherhinken, weil ihre Dividendenausschüttungen weniger attraktiv werden. Darüber berichtet "Bloomberg".

Wetten auf steigende Zinsen
Nachdem der Reflation-Trade nach dem Wahlsieg von Donald Trump eine abrupte Rotation von defensiven in zyklische Werte ausgelöst hatte, verlief der Trend 2017 wieder im Sande, als die neue Administration von politischen Skandalen erfasst wurde. In Europa erfreut sich diese Positionierung nun wieder größerer Beliebtheit, während die Rendite der deutschen Benchmark-Anleihe in der Nähe eines 18-Monats-Hochs liegt.

"Banken, Versicherer und Aktien mit Bezug zu Rohstoffen werden von dem Impuls des Anleihemarkts besonders stark profitieren", erklären Strategen von Société Générale. Unter den Käufern finden sich auch einflussreiche Asset Manager wie NN Investment Partners und Carmignac Gestion.

Zykliker nehmen "Rache"
"Zyklische Aktien laufen darauf zu, an Wachstumswerten ihre Vergeltung zu üben", sagte Frederic Leroux, Vermögensverwalter von Carmignac Gestion gegenüber Bloomberg in Paris.

Bergbauunternehmen im Stoxx Europe 600 Index bauten ihre Gewinnserie am Montag den sechsten Handelstag in Folge aus, gestützt von besser als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten aus China. Die Branche weist im bisherigen Monatsverlauf eine der besten Entwicklungen aus, ebenso wie die Bankenbranche.

Finanztitel profitieren von der Aussicht, dass ihre Kreditgeschäfte profitabler werden. Da sie die größte Branchengruppe im Stoxx 600 stellen, ist das für den breiten Markt eine gute Nachricht. Kreditinstitute und Versicherer machen etwa die Hälfte der zehn Werte aus, die dem breiten Aktienindex in diesem Monat den größten Gewinnbeitrag geliefert haben.

Banken-ETF gefragt
Ein 953 Millionen USDollar schwerer ETF auf europäische Banken stößt weiterhin auf Investoren-Interesse, nachdem er innerhalb einer Woche so viel Kapital angezogen hat wie seit einem Jahr nicht mehr. Anleger haben in zehn aufeinanderfolgenden Tagen bis Donnerstag stets Gelder in den ETF gesteckt, zeigen von Bloomberg zusammengestellte Daten. Global betrachtet laufen nach Angaben der Bank of America die Finanzwerte auf den stärksten Kapitalzustrom seit der globalen Finanzkrise zu. (aa)