Seit Jahren liefern Schwellenländerfonds bessere Ergebnisse als Aktienfonds für etablierte Märkte ab. Das unwürdige Schauspiel um die russische Erdgas/-ölfirma Yukos rückt die spezifischen Risiken der Emerging Markets zurück in den Blickpunkt.

Westeuropa bietet kaum Wachstumsaussichten, angesichts der negativen demografischen Entwicklung und der kompletten Unfähigkeit der Politik, auf diese Herausforderung angemessen zu reagieren. Die USA weisen - vor allem dank anhaltender Einwanderung- zwar bessere Voraussetzungen auf, doch die unverantwortliche Schuldenpolitik sowohl der dortigen Regierung als auch der privaten Haushalte lässt für die nähere Zukunft nichts Gutes erwarten.

Also richten sich die Augen der renditehungrigen Anleger seit einiger Zeit auf die Schwellenmärkte. Die traumhaften Wachstumsraten der Industrie in China, der blühende Technologiesektor in Indien und die üppigen Rohstoffreserven in Russland beflügelten die Phantasie der Anleger.

Die entsprechenden Fonds lieferten ihren Anteilseignern in den vergangenen Jahren erfreuliche Ergebnisse, vor allem im Vergleich zu den Standardprodukten aus Europa, Amerika und Japan. Dies galt weithin auch für die Anleihenseite.

Doch in diesem Jahr kamen plötzlich Risse in die allzu schöne Börsenstory. Die Chinesen treten aus Angst vor einer Überhitzung der Konjunktur auf die Bremse, die Inder wählen sich eine neue Regierung unter Beteiligung der Kommunisten, und Russlands Präsident bricht einen Privatkrieg mit dem Yukos- Boss Chodorkowskij vom Zaun. Ergebnis: alle drei Märkte verloren in den vergangen drei Monaten erheblich an Boden.

Doch man muss unterscheiden: In China ist der Wirtschaftssektor noch immer letztendlich unter staatlicher Kontrolle, demokratische Institutionen sind nicht vorhanden und die Menschenrechte werden mit Füßen getreten. Indien hingen ist die größte Demokratie der Welt und hat einen gewaltfreien Machtwechsel vollzogen. Selbst die neue Regierung unter Führung der Kongresspartie will keine Rückkehr zu massiver Verstaatlichung der Unternehmen. In Russland schließlich ist die demokratische Entwicklung nicht nur ins Stocken geraten, sondern ein erheblicher Rückschritt zu beobachten. Nach dem radikalen Umschwung in Richtung Wildwest-Kapitalismus der Jelzin-Jahre folgt nun die Rückkehr der staatlichen Knute unter dem Ex-KGBler Putin.

Weil Chodorkowskij ihn kritisierte und ein potenzieller politischer Konkurrent ist, werden ausgerechnet bei Yukos die Steuerschulden gnadenlos eingetrieben. Regimetreue Oligarchen mit ganz ähnlichen Rückständen bleiben hingegen unbehelligt.

All diese verwirrenden Umstände verdeutlichen in der Quintessenz eine wesentliche Eigenschaft der Schwellenmärkte: Die erhöhten Renditechancen im Vergleich zu den etablierten Märkten sind untrennbar mit oft unberechenbaren politischen Risiken verbunden. Gut möglich, dass sich die Anleger nach einigen fetten Jahren auf weitere Rückschläge in diesem Segment einstellen müssen. Der Silberstreif am Horizont: Wenn dann bald alle die Emerging Markets verteufeln, werden sie wieder ein äußerst attraktives Investment sein. Denn das globale Wachstum wird langfristig fast nur von dort kommen.