Früher gingen Kunden zum Bankschalter und wickelten ihre Geldangelegenheiten gemeinsam mit dem Mitarbeiter ab: einzahlen, abheben, Geld anlegen. Konnte der Betreuer spontan eine Frage nicht beantworten, wusste mit Sicherheit die Kollegin am Nachbarschalter die Antwort – und das Problem war in Sekundenschnelle gelöst.

Dann kam die Digitalisierung, die zwei gegenläufige Entwicklungen zur Folge hatte: Bei Kunden stellte sich rasch die fortschrittliche Einsicht ein, dass sich viele Geschäfte in Wirklichkeit auch ganz allein und noch dazu bequem von zu Hause aus erledigen lassen. Die  Banken hingegen kamen ebenso schnell auf die weniger progressive Idee, dass die Digitalisierung eine hervorragende Gelegenheit ist, Kosten zu senken. Eine Filiale nach der anderen schloss ihre Pforten. Gleichzeitig aber wurden die Online-Banking-Auftritte, gemessen am Zeitgeist, Jahr für Jahr älter und verstaubter. Vielfach haben sie noch immer nichts mit dem gemein, was die auf intuitive Benutzung eingerichtete "Generation Smartphone" heute von einem durchschnittlichen Web-Service erwartet.

"Begeisterung" und "Convenience"
Dass manch ein Institut nun längst überfällige IT-Anstrengungen als Innovation verkauft, darf man mit Blick auf frühere Selbstverständlichkeiten getrost hinterfragen: Die Bawag PSK zum Beispiel schreibt soeben in einer Aussendung, dass sie mit einem Fintech eine Kooperation geschlossen hat und daher künftig Serviceleistungen anbieten kann, "die selbst intensive eBanking-Nutzer begeistern werden". Der Kern dieser in vielen Sätzen bejubelten Technologie ist offenbar, dass "Nutzer zukünftig mit einem Overlay (= "Da schau her"-Lasche) unterstützt" werden. Das soll "noch mehr Convenience" bieten.

Es drängen sich mehrere Fragen auf: Gibt es erklärende Popup-Hintergrundinformationen nicht sogar bereits beim kaum innovativen österreichischen Finanz-Online-Portal? Haben andere Banken nicht schon längst beim Online-Banking eine Chat-Funktion, wo ein Berater schnell weiterhilft? Und: Ist es vorstellbar, dass man vor 20, 30 Jahren gesagt hätte: "Wir bieten nun mehr Convenience, denn wenn Sie eine Frage haben, dann erklärt es Ihnen unser Berater am Schalter sofort"?

Gleichzeitig moniert die Bank in der Aussendung, dass noch immer 40 Prozent der Österreicher kein Online-Banking nutzen. Gemutmaßt wird, sie würden sich "scheuen". Auch das Alter wird als Ursache genannt. Dass das Alter kaum eine Rolle spielt, sieht man in nordischen Ländern, wo die Banken bereits richtig gute digitale Services haben und die Digitalisierung nicht als Kostensenkungsprogramm betrachtet wird. Auch Eirill K. Holtvedt, Top-Managerin der norwegischen DNB, widersprach in einem Interview mit FONDS professionell vehement dem Altersargument.

Lobpreisung versus Leistung
Der Hauptgrund, warum viele Österreicher nicht beim Online-Banking mitmachen, ist, dass die digitalen Plattformen mancher Institute so schlecht sind – oder zumindest oft nicht an die Serviceleistungen herankommen, die man einst bei einem richtig guten Bankberater genossen hat. Ganz zu schweigen von echten Zukunftsthemen wie Open Banking oder Beyond Banking, davon ist in Österreich nur aus ganz wenigen Geldhäusern zu hören.

Dass den Nutzern jede erdenkliche Fintech-Kooperation quasi als Revolution angedient wird, die mit Begeisterung aufzunehmen sei, auch wenn sie nur das bietet, was ehedem ein Schaltermitarbeiter im Handumdrehen erledigt hatte, wirkt befremdlich. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die gepriesene neue Anwendung der Bawag PSK vorerst nur bei "ausgewählten Prozessen" hilft: Änderung des Kartenlimits, Aktivierung oder Deaktivierung von GeoControl, PIN-Änderung und Duplikatskartenbestellung. Wer nun noch nicht staunt, dem macht die Bank ein Versprechen: "Das Angebot wird bei positiver Resonanz ausgeweitet". (eml)