Gold schützt vor Inflation? Falsch, sagen die Profis von ETF-Securities. Was Gold-Anleger motiviert, kann Rohstoffexperte Rainer Bunge ohnehin nicht verstehen.

"Gold ist das Edelmetall mit der geringsten industriellen Verwendung. Der Preis wird nur über den Glauben daran gemacht. Ich traue mich nicht zu sagen, was Gold in fünf Jahren wert ist. Aber ich kann sehr genau prognostizieren, was bei Basismetallen in 20 Jahren passiert", erklärt Bunge, der an der Schweizer Technikhochschule Rapperswil lehrt, gegenüber FONDS professionell ONLINE.

Ein Preisanstieg bei Basismetallen sei unausweichlich, auch wenn Investoren hier lernen müssten, in Kategorien von 15 oder 20 Jahren zu denken, sagte Bunge am Rande eines Vortrags für ETF Securities in Wien. 


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Als Beispiel nennt Runge Kupfer: In allen Industrienationen sei der jährliche Verbrauch binnen Jahrzehnten von Null weg rapide angestiegen und habe überall bei etwa 300 Kilogramm pro Kopf eine Sättigung erreicht. Davon ist China mit einem Wert von rund 40 Kilogramm oder Brasilien mit knapp über 50 noch weit entfernt. Indiens Pro-Kopf-Verbrauch ist statistisch überhaupt zu vernachlässigen. Bunges Schlussfolgerung: "Das Kupferinventar ist erst bei 15 Prozent der Weltbevölkerung gesättigt. Bei den restlichen 85 Prozent liegt das Inventar erst bei 35 Kilo pro Kopf.   

Dieser spezifische Pro-Kopf-Bedarf sei der Haupttreiber für die Preisentwicklung – nicht, wie oft angeführt, das Bevölkerungswachstum, sagt Bunge. Kupfer stehe exemplarisch für alle anderen Basismetalle. 

"Knappheit gibt es nicht"
Die größte Gefahr für Investoren auf dem Rohstoffsektor seien falsche Grundannahmen, die in der breiten Öffentlichkeit als Wahrheit gelten: "Wenn Sie jemanden hören, der Ihnen sagt, diese oder jene Lagerstätte sei bald erschöpft, glauben Sie ihm nicht. Oft geht es bei der vermeintlichen Erschöpfung nur um den wertstoffreichen Kernbereich einer Lagerstätte. Doch selbst, wenn der Wertstoffgehalt nach außen hin abnimmt, ist in diesen Zonen der Gehalt allenfalls geringfügig niedriger. In diesen Bereichen verbleibt der Rohstoff jeweils so lange, bis der Preis wieder gestiegen und der Abbau dadurch rentabel ist", so Bunge.

Der Club of Rome sei einer solchen Fehlannahme einst mit der behaupteten Endlichkeit bei Erdöl unterlegen. Bei Metallen werde heute oft noch ähnlich, also falsch, argumentiert. "Auch ich habe das mal gelehrt. Aber de facto gibt es keine Knappheit. Es gibt genug Metalle. Es ist alles nur eine Frage des Preises, den man für den Abbau bezahlt – und die meisten Endabnehmer werden sich diesen leisten können."

Steigende Preise würden die Nachfrage kaum dämpfen. Auch das sei eine verbreitete Fehlannahme: Bei High-Tech-Anwendungen fielen selbst hohe Preissteigererungen nicht ins Gewicht. "Steigt Kupfer um zehn Prozent, könnte sich ein Handy etwa um 30 Cent verteuern", rechnet Bunge vor.

Am besten selten
Sein Rat: "Investieren Sie in geologisch seltene Basismetalle wie Kupfer, Nickel und Zink. Steigt die Nachfrage sinkt der Cut-off-grade – also der Mindestgehalt, bei dem sich der Abbau noch lohnt. Sofern nicht die Produktionskosten abnehmen, werden in diesem Fall die Metallpreise steigen", so Bunge.

Umgekehrt sei von häufigen, leicht zu gewinnenden Metallen wie Aluminium oder Eisen abzuraten. Ein sinkender Cut-off-Grade habe hier keine Bedeutung: Die Gewinnungskosten decken sich nämlich im Wesentlichen mit den Energiepreisen, und die werden aller Erwartung nach in den kommenden Jahren nicht wesentlich steigen. Metalle, die keinen Gebrauchswert haben – und hierzu zählt Gold – sowie Metalle mit schmalen Anwendungsgebieten, die leicht ersetzt werden können – etwa Platin durch Palladium – mag Bunge ebenso wenig. (eml/fp)