Für den Monat April hatten Öl-Analysten eigentlich einen Nachfragerückgang von 25 bis 30 Millionen Barrel pro Tag erwartet. Nun sieht es so aus, als sei die Ölnachfrage zuletzt nur um 18 bis 20 Millionen Barrel pro Tag gesunken. Das beobachtet auch Michel Salden, Portfoliomanager bei Vontobel Asset Management: "Erste Anzeichen für eine Erholung der Rohöl-Nachfrage haben Ende April einen Anstieg der Ölpreise ausgelöst. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Nachfrageverluste weniger gravierend sind als ursprünglich erwartet und dass sich die Lagersituation allmählich entspannen dürfte."
 
Dem Ölpreis kommt auch zugute, dass sich immer mehr Länder aus dem Corona-Lockdown herauswagen. Die Lockerungen der Sicherheitsmaßnahmen in vielen asiatischen und europäischen Ländern festigen den Ölpreis, sagt Salden – ebenso der Beginn der Förderkürzungen bei den Mitgliedern der Opec-Plus-Allianz. "Aus diesem Grund lassen auch die Befürchtungen nach, dass der Welt der Lagerraum für Öl ausgehen könnte. Der Druck auf die Lagerbestände dürfte sich weiterhin verringern. Dies sollte auch den Ölpreis weiter stützen", prognostiziert der Anlageprofi.
 
Langfristig dürfte die Nachfrage anziehen
Kurzfristig scheint der Preisverfall erst einmal beendet. Eine neue Rally am Ölmarkt ist gleichwohl nicht in Sicht. "Gegenwärtig schwanken die Optionspreise weiterhin stark in beide Richtungen, da immer noch große Unsicherheit aufgrund der beispiellosen Veränderungen in Hinblick auf Angebot, Nachfrage und Lagerbestände herrscht", gibt Salden zu bedenken. "Darüber hinaus werden die Opec und Russland die gegenwärtige Rally ausbremsen, sollte es keine nennenswerten Produktionsstilllegungen durch die US-Schieferproduzenten geben."
 
Langfristig sieht der Anlageexperte hingegen erhebliches Aufwärtspotenzial. Der Markt werde im kommenden Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit unterversorgt sein. "Die Futures-Preise für Dezember 2021 spiegeln dies jedoch immer noch nicht wider", sagt Salden. Dies deute auf einen langfristigen Preisanstieg hin. (fp)