Aktien europäischer Versicherer sind derzeit günstig zu haben. Gesellschaften wie Allianz, Axa oder Generali locken mit Dividendenrenditen oberhalb von fünf Prozent zum Einstieg. Dennoch sollten Anleger Assekuranzen, die einen großen Teil ihres Geschäftes mit Lebensversicherungen machen, meiden. Eine Analyse des Vermögensverwalters Sand & Schott zieht dramatische Parallelen zu Japan. "Dort gingen zwischen 1997 und 2008 acht Unternehmen Pleite", ruft Sand & Schott-Geschäftsführer Max Schott in Erinnerung.

Grund für Schotts Skepsis ist die dauerhafte Niedrigzinspolitik. Versicherer können die ihren Kunden einst zugesagten Zinsgarantien jedoch nur dann einlösen, wenn sie Geld in Anleihen anlegen, für die sie einen höheren Zins erhalten. "Dieser jahrzehntelang funktionierende Transmissionsriemen ist seit Mario Draghi in Europa gerissen", sagt Schott.

In einer umfangreichen Untersuchung haben er und sein Team herausgearbeitet, welche negativen Folgen dies für europäische Lebensversicherungsunternehmen hat. Japan diente hierbei als Blaupause: Dort fiel das Zinsniveau bereits seit 1990. Ende der 90er-Jahre hatte es ein Niveau von etwa einem Prozent erreicht. "Da dieser Zins niedriger war als der Garantiezinssatz in vielen Verträgen, machten zahlreiche Versicherungen Verluste. Zwischen 1997 und 2008 gingen insgesamt acht von 44 Unternehmen Pleite, zudem gab es eine Reihe von Unternehmenszusammenschlüssen und Übernahmen. ", resümiert Schott. Die Gefahr sei hoch, dass sich in Europa diese Katastrophe wiederhole.

Geschichte wiederholt sich nicht. Und falls doch?
In Deutschland bahne sich eine ähnlich dramatische Entwicklung wie damals in Japan an. "1998 unterschritt der Anleihezins zum ersten Mal den Garantiezins. In den folgenden Jahren ist das Zinsniveau immer weiter gefallen, weshalb auch der Garantiezins bei Neuverträgen immer weiter gesenkt wurde", so Schott. Seit Anfang 2014 sei die Zinsdifferenz negativ. Selbst das Neugeschäft lohne sich für die Gesellschaften nicht mehr. "Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Lebensversicherer in Europa finanzielle Schwierigkeiten bekommen", so Schotts düstere Vorahnung.

"Schwarze Liste"
Entscheidend bei der Beurteilung sei der Anteil des Lebensversicherungsgeschäfts am gesamten Umsatz. "Von den europäischen Versicherungsunternehmen sticht Prudential als reines Lebensversicherungsunternehmen ins Auge", hat Schott ausgerechnet. Einen hohen Anteil am Gesamtumsatz haben Lebensversicherungen auch bei Aegon (Niederlande, 84%), NN Group (Niederlande, 82%), Old Mutual (Großbritannien, 79%) und CNP Assurances (Frankreich, 79%). "Die Allianz, das einzige deutsche Erstversicherungsunternehmen unter den größten 15 europäischen Versicherungsunternehmen, kommt auf einen LV-Umsatzanteil von 53 Prozent. Auch hier ist Vorsicht geboten", mahnt Schott.

Natürlich dürfe man nicht alle Versicherer über einen Kamm scheren. Es gebe auch Assekuranzen, die kaum im Lebensversicherungsgeschäft tätig sind. "Die günstigen Bewertungen dieser Unternehmen können deshalb sogar für den Einstieg genutzt werden", schlussfolgert Schott. (ps)