An der Börse hat eine drohende schwere Rezession zuletzt kaum noch eine Rolle gespielt. Gesunkene Energiepreise, milder Winter, staatliche Hilfen und das Ende der Covid-19-Abschottung Chinas sorgten für konjunkturelle Zuversicht. Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter bei der ICM Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim, bremst den Optimismus. Er fürchtet, dass es noch zu einem kräftigen Abschwung kommen könnte, der dann auch die Börse einknicken lässt.

So werde ein Aufschwung in China für steigende Rohstoffpreise sorgen, der Ölpreis könnte durchaus wieder dreistellig werden. Auch gestiegene Löhne dürften dazu beitragen, dass die Inflation höher bleibt als derzeit angenommen. Als Folge könnten die Notenbanken ihre Leitzinsen länger hoch halten, als es Börsenoptimisten unterstellen. Ein "Soft-Landing" der Konjunktur würde so immer unwahrscheinlicher. Etliche Zombie-Firmen dürften ein solches Szenario nicht überleben, Banken müssten Kredite abschreiben und die Kreditvergabe einschränken. Das würde auch die Immobilienmärkte weiter belasten.

Kräftige Kursrücksetzer
Weiteres Argument für ein Negativszenario: Die staatlichen Hilfen werden auslaufen, und vor allem in den USA dürften auch die Ersparnisse der Pandemiezeit in der zweiten Jahreshälfte aufgebraucht sein, wie Ehlhardt erläutert. Dann würde der Konsum einbrechen. Spätestens wenn Entlassungen die Folge wären, müssten auch die Aktienkurse fallen. "Kräftige Kursrücksetzer wären eine logische Konsequenz", so Ehlhardt, der Anlegern eine Börsenweisheit in Erinnerung ruft: "An Gewinnmitnahmen ist noch niemand arm geworden." (fp)