Deutschland befindet sich nach zwei Quartalen rückläufigen Wirtschaftswachstums offiziell in der Rezession, doch die Aktienmärkte lässt das bislang kalt: Der deutsche Aktienindex Dax hält sich weiter nördlich der 16.000-Punkte-Marke. Benjamin Bente, Geschäftsführer der Asset-Management-Boutique Vates Invest, hält dieses Niveau fundamental nicht für gerechtfertigt. Er warnt: "Getrieben von nur wenigen Werten und immer in Erwartung eines Absturzes, ähnelt das Investment mehr und mehr einem Glücksspiel." Sein Rat: Wer im Plus ist, sollte jetzt darüber nachdenken, aus Buchgewinnen echte Gewinne zu machen.

Bereits die Aktiengewinne der vergangenen Monate hätten sich Anleger mit hohem Risiko erkauft, so Bente. Wer aber jetzt weiter investiert bleibe in der Hoffnung auf einen weiteren möglichen Anstieg, der steigere sein Risiko noch einmal enorm. Immer mehr treten seiner Meinung nach die Grundsätze echter Investments in den Hintergrund und ein Engagement an den Aktienmärkten wird immer spekulativer. Mit allen dazugehörenden Risiken. 

"Bisher schlicht Glück gehabt"
Nur wenige Aktien treiben die jüngste Aufwärtsbewegung, wie der Vermögensverwalter erläutert. In den USA erklären gerade einmal sieben Werte den gesamten Anstieg des S&P-500-Index. "Aufwärtsbewegungen, die nur von so wenigen Werten getrieben wurden, gab es auch in der Vergangenheit einige Male", so Bente. "Für gewöhnlich sind die kompletten Anstiege wieder zurückgehandelt worden." So etwa im Jahr 2021, als der Anstieg ab dem zweiten Quartal von immer weniger Werten befeuert wurde. In den späten 1990er Jahren war es vor allem die Tech-Euphorie, welche die Märkte trieb. "Als diese Blase platzte, folgten drei Jahre desaströser Wertverluste an den Aktienmärkten, die all die Papiergewinne wieder aufzehrten", so Bente. "Buy and hold" hätte in diesen Phasen nicht funktioniert.

Derzeit gewinnt dieses Szenario seiner Meinung nach wieder besondere Brisanz, da Anleger gerade dazu tendieren, investiert zu bleiben oder sogar neu einzusteigen. Wer jetzt auf Buchgewinnen sitzt, hat aber laut Bente im Börsen-Glücksspiel bisher schlicht Glück gehabt. Er warnt: "Die Betonung liegt auf bisher, denn jeder, der diese Gewinne noch nicht realisiert hat, hat seine Chips weiterhin auf dem Tisch liegen." (jh)