Seit die Pleiten der Silicon Valley Bank (SVB) und der Signature Bank im März 2023 eine Panik bei den regionalen US-Banken ausgelöst haben, warten Anleger und deren Berater auf die Antwort auf eine wichtige Frage: Würden kleinere US-Banken ihre kostengünstige Finanzierungsbasis verlieren und damit die Kreditvergabe gefährden? Eine zumindest ansatzweise erfreuliche Antwort darauf gibt Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments, in einer aktuellen Kurzanalyse.

Leichte Entwarnung
"Die Daten der US-Notenbank Fed zeigen, dass die Gesamteinlagen kleinerer US-Banken mit dem Übergang vom Frühling zum Sommer stabil geblieben sind und dass ihr Kreditwachstum – wenn auch langsamer – im Jahresvergleich immer noch zweistellig ist", ordnet Grüner ein. Fraglich blieb, was Banken ihren Einlegern zahlen mussten, um sich weiterhin deren Treue zu sichern, und wie sich das auf die Gewinne auswirken würde.

Die Quartalszahlen der US-Regionalbanken brachten nun etwas Licht ins Dunkel. "Die Ergebnisse waren ermutigend genug, um den Aktien der US-Regionalbanken eine Fortsetzung ihrer Erholungsbewegung zu erlauben. Nichts davon ist zukunftsweisend, aber die Ergebnisse zeigen, dass die breiten Aktienmärkte damit richtig lagen, sich zügig über die negativen Ereignisse hinwegzusetzen", so Grüner weiter.

Besser als erwartet
Die Ergebnisse von mehr als zwei Dutzend US-Regionalbanken für das zweite Quartal gaben einen ziemlich repräsentativen Überblick darüber, wie die Branche zurechtkommt. Insgesamt fielen die Ergebnisse gemischt aus. Die Nettozinsmargen auf Kredite gingen bei fast allen Banken zurück. "Die Unternehmen berichteten, dass die Abwanderung von Einlagen zu größeren Instituten und Geldmarktfonds Anzeichen einer Stabilisierung zeige, aber die meisten Banken nutzten Großkundeneinlagen, um den Abfluss von Privatkundeneinlagen abzufedern und die Liquidität zu erhöhen. Diese sind teurer als Privatkundeneinlagen, was dazu führt, dass die Refinanzierungskosten der Banken stärker steigen als die Kreditzinsen – daher auch der Rückgang der Nettomargen", erklärt Grüner. Die Banken würden davon ausgehen, dass diese Trends bis Ende des Jahres anhalten werden.

Die Ergebnisse sind nach Einschätzung von Grüner nicht großartig, aber auch nicht annähernd so schlimm wie befürchtet. Für die Aktienmärkte sei die Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung und Realität ein wichtiger Einflussfaktor, in diesem Fall mit einer positiven Wirkung. Grüner sagt dazu: "Wenn Anleger eine Katastrophe erwarten und die Realität stattdessen einfach nur glanzlos ist, entsteht eine positive Überraschung. Schwächere Margen und moderate Rückgänge bei Einlagen sind keine Signale für einen systemischen Zusammenbruch."

Vieles bereits eingepreist
Zudem zerstörten gewerbliche Immobilien entgegen weit verbreiteter Befürchtungen immer noch nicht die Bilanzen der US-Regionalbanken. Die Banken würden zwar gemäß der US-Vorschriften zur Rechnungslegung mehr Rückstellungen für potenzielle Verluste bilden, aber es gebe keine offensichtlichen Anzeichen für eine größere Verschlechterung der Kreditvergabe. Die Quote der notleidenden Kredite sei bei mehreren US-Banken sogar gesunken.

"Die Quartalszahlen der US-Regionalbanken spiegeln wider, was bereits geschehen ist – und nicht, was noch kommen wird. Somit haben diese Ergebnisse keinen Prognosecharakter für die Aktienmärkte. Sie untermauern aus unserer Sicht, was die Märkte bereits eingepreist haben – in diesem Fall, dass das Risiko einer Ansteckung durch die Silicon Valley Bank völlig überbewertet wurde", fasst Grüner zusammen. (aa)