Immer wieder ist von der auseinanderklaffenden Wohlstandsschere zu lesen und zu hören. Wer Einkommen aus Arbeit bezieht, sei gegenüber den oberen Zehntausend, die einen Großteil ihres Einkommens aus Vermögen beziehen, immer deutlicher im Nachteil, heißt es vonseiten diverser Sozialwissenschaftler. Statt aus dieser Feststellung plumpe Forderungen nach einer höheren Besteuerung wohlhabender Bürger abzuleiten, könnte man auch einmal anders herum argumentieren – und breitere Bevölkerungsschichten am Segen des Zinsenzinses teilhaben lassen.

Geldprofis sehen hier gerade in Deutschland ein Problem: "Viele Menschen legen ihr Vermögen falsch an", sagt Thomas Hünicke, Geschäftsführer der WBS Hünicke Vermögensverwaltung. Dies treffe insbesondere auf untere und mittlere Einkommensklassen zu. "Dort herrscht oft eine Aversion gegen Aktien vor, weil die zu volatil und Verlustrisiken zu hoch seien. Weil das Kapital begrenzt ist, verlassen sich diese Anleger auf Produkte, die eine gewisse Sicherheit suggerieren, dabei aber häufig nur wenig rentabel sind. In der Folge entwickeln sich kleine und mittelgroße Vermögen häufig nur schwach."

Das müsse nicht sein, Hünicke sieht auch für Menschen aus mittleren Einkommensschichten gute Chancen, ihr Vermögen rentabel anzulegen: "Wachstum hat nichts mit Masse zu tun, sondern mit Strategie und Langfristigkeit. Gut anlegte 50.000 Euro bilden genauso den Grundstock des Vermögens wie 500.000 Euro." Der Verwalter rechnet vor: Werden diese 50.000 Euro langfristig mit einer kapitalmarktnahen Strategie investiert und hat der Anleger den Willen, auch Schwankungen auszuhalten, würden die Renditechancen mit dem verfügbaren Zeithorizont exponentiell steigen. "Die fiktiven 50.000 Euro lassen sich bei einem angenommenen durchschnittlichen Nettoertrag von drei Prozent in 25 Jahren ohne Entnahmen mehr als verdoppeln", sagt Hünicke.

Risiko Tagesgeld
Vermeintlich risikoarme Anlagen könnten sich hingegen real als Verlustbringer entpuppen: Wenn ein Anleger seine 50.000 Euro vollständig im Tagesgeld investiert, erziele er je nach Anbieter aktuell eine jährliche Rendite zwischen 100 und 400 Euro. Auch ohne Berücksichtigung von Gebühren und Steuern verliere der Anleger unterm Strich Vermögen: Schließlich übersteige auch eine aktuell verschwindend geringe Inflation noch immer den Ertrag, was Jahr für Jahr zu einem Kaufkraftverlust führe. Hünicke warnt: "Steigt die Inflation an, auf beispielsweise zwei Prozent, ohne dass die Zinsen spürbar mitziehen, ist das Vermögen in sechs Jahren schon um zehn Prozent verringert." (fp)