Der Ölpreis hat seit Jahresbeginn deutlich zugelegt. Das ist auf den ersten Blick verwunderlich, denn ein steigender Ölpreis gilt üblicherweise als Zeichen für eine starke Konjunktur – und Ökonomen machen sich dieser Tage zunehmend Sorgen über das Wachstum der Weltwirtschaft. Der vermeintliche Zusammenhang zwischen Konjunktur und Ölpreis ist allerdings längst nicht so klar wie oft behauptet, sagt Uwe Zimmer, Geschäftsführer der Kölner Vermögensverwaltung Fundamental Capital.

Der Gedanke hinter den Prognosen: In vielen Produkten steckt Öl. "Laufen die Wirtschaften gut, wird viel produziert und damit viel Öl benötigt", erklärt der Anlageprofi. "Umgekehrt sorgt eine schleppende Nachfrage nach Produkten für eine geringere Nachfrage nach Öl und damit für tendenziell fallende Preise." Öl könnte also ein guter Indikator für die Konjunktur sein. Es gilt allerdings auch: Billiges Öl kann die Wirtschaft stimulieren, teures Öl kann sie abwürgen. "In der Realität sind beide Varianten der Ölpreiswirkung zu beobachten", sagt Zimmer.

Letztes Aufbäumen vor dem Abstieg
Der aktuelle Aufwärtstrend dürfte sich nicht mehr lange fortsetzen, prognostiziert der Vermögensverwalter. Er nennt dafür drei Gründe: Erstens neigt sich die Zeit, in der Öl einer der wichtigsten Grundstoff der Wirtschaft ist, dem Ende zu. Zweitens dürfte die hohe Schieferölproduktion in den USA den Rohölpreis langfristig drücken. Zweitens schrumpft die Macht der Ölexporteure. Die Opec ist längst nicht mehr so eine geschlossene Front wie früher, und große Ölproduzenten wie Russland haben wenig Interesse daran, Mitglied zu werden.

Der jüngste Anstieg des Ölpreises läutet keine langfristige Rally ein, sagt Zimmer. Anleger sollten ihn vielmehr als das sehen, was er ist: "Ein kurzfristiges Aufbäumen vor einem langsamen, aber unaufhaltsamen Abstieg." (fp)