Die Inflationsraten in Europa wie in Übersee steigen. In Deutschland könnte die Teuerung bis auf vier Prozent klettern, prognostiziert Benjardin Gärtner, Leiter des Bereichs Portfoliomanagement Aktien bei der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment. Was viele Investoren verschreckt, kommt dem Aktienmarkt zugute, sagt der Anlageexperte. Parallel zur Inflation zieht nämlich das Wirtschaftswachstum an. "Im Sweet Spot der Inflation kombiniert mit mehr Wachstum entstehen ideale Bedingungen für den Aktienmarkt", erklärt Gärtner. Steigende Inflation bedeutet auch: Ein deflationäres Umfeld und die Angst vor "japanischen Verhältnissen" in der Wirtschaft sind erst einmal gebannt.

In der Rückschau sieht man, dass Inflationsraten von ein bis drei Prozent am günstigsten für die Aktienkurse sind. "Erst wenn die Inflation über fünf Prozent steigt oder in den negativen Bereich fällt, gehen die Erträge spürbar zurück", sagt Gärtner. "Dabei ist in einem Umfeld negativer Preise die Wahrscheinlichkeit negativer Erträge am höchsten." Dass die Preise derzeit auf dem besten Wege sind, die Ideal-Marke von drei Prozent zu übertreffen, bereitet dem Union-Investment-Experten keine Sorgen: Mehrere der jüngsten Preistreiber seien vorübergehender Natur, sagt er.

Wetten auf die Value-Wende
Im aktuellen Umfeld sieht Gärtner besonders gute Chancen für Value-Aktien. Dafür nennt er zwei Gründe: Erstens ist Wachstum inzwischen kein rares Gut mehr, Growth-Titel werden deshalb nicht mehr mit so hohen Prämien gehandelt wie zuletzt. Zweitens werden die lange verschmähten Substanzwerte von Zinssteigerungen weniger stark belastet – und es ist nicht ausgeschlossen, dass die Notenbanken in der kommenden Zeit behutsam an der Zinsschraube drehen werden.

Auch Bankaktien findet der Union-Investment-Mann momentan attraktiv. "Ihnen kommen die Konjunkturerholung, die Aussicht auf rückläufige Kreditausfälle sowie ein anziehendes Neukreditgeschäft zugute", sagt er. Digitalisierungsgewinner wie Software- und Halbleiterunternehmen seien ebenfalls interessant, obwohl sie tendenziell dem Growth-Stil zuzurechnen sind. "Sie bieten so gute Marktperspektiven, dass etwas steigende Zinsen ihnen nicht allzu viel anhaben können", erklärt Gärtner. (fp)