Einige Stunden, bevor Mario Draghi die EZB-Notenbank-Konferenz in der portugiesischen Stadt Sintra eröffnete, stand er einigen auserkorenen Studenten Rede und Antwort. Eine Frage lautete: Was können Notenbanker gegen die Ungleichheit in der Welt tun?

"Die größte Quelle für Ungleichheit ist die Arbeitslosigkeit. In dem Ausmaß, in dem unsere Politik gegen die Arbeitslosigkeit kämpft, bekämpft sie auch Ungleichheit“, verteidigte Draghi seinen geldpolitischen Kurs laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (SZ). Die Globalisierung habe immensen Reichtum hervorgebracht. Dennoch litten in den südlichen Regionen Europas vor allem junge Menschen unter massiv hohen Arbeitslosenraten von bis zu 45 Prozent. 

Auch Draghis Kollegen sparten nicht mit Kritik. Einen Überraschungscoup landete dabei Ben Bernanke, Vorgänger von Janet Yellen in der Funktion als führender Kopf der US-Notenbank: "Was immer man über Donald Trump denkt, er verdient Anerkennung dafür, dass er sich als Präsidentschaftskandidat der großen Frustration der vergessenen Amerikaner angenommen hat“, sagte der frühere Fed-Chef.

Wirtschaftsforscher haben Glaubwürdigkeit eingebüßt
Das Gros der Ökonomen hätte zum Nachteil ihrer Glaubwürdigkeit den Fokus auf Wachstum gerichtet. "Doch manchmal ist Wachstum nicht genug“, kritisierte Bernanke laut dem SZ-Artikel. In seiner Rede veranschaulichte er die ökonomische Zerissenheit der US-Gesellschaft. "Die Löhne der Arbeiter stagnieren schon lange. Die Chancen, aus eigener Kraft den gesellschaftlichen Aufstieg zu schaffen, sind geschrumpft. Die Amerikaner sind mit der Wirtschaft und der größeren Einkommens- und Vermögensungleichheit seit einiger Zeit sehr unzufrieden.“

Mindestens ebenso interessierte die Studenten, wann Europas Zentralbanker auf den Zinserhöhungspfad ihrer US-Kollegen einschwenken. Zwar sprach Draghi nicht direkt an, wann die EZB damit beginnen würde, ihren wirtschaftlichen Stimulus zurück zu schrauben, jedoch stellte er klar, dass es in jedem Fal kontraproduktiv wäre, dies zu früh zu tun. "Lasst uns nicht vergessen, dass Ersparnisse aus Wachstum entstehen", sagte Draghi. Immerhin: Seiner Wahrnehmung nach deuteten alle Zeichen auf eine Festigung und Verbreiterung der Erholung in der Euro-Zone hin. (aem)