In den USA überstieg Ende 2023 das Anlagevermögen passiver Aktienfonds erstmals das aktiv gemanagter Fonds, in Europa geht die Entwicklung in dieselbe Richtung. Zu den erwarteten Folgen befragte die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) nun ihre mehr als 1.400 Mitglieder. 

Die befragten Investmentprofis sehen durchaus Argumente für aktives Fondsmanagement: 52 Prozent nennen dabei das höhere Potenzial, langfristig den Markt zu schlagen; 33 Prozent verweisen auf das aktive Risikomanagement. Dazu heißt es in der Studie, aktive Manager könnten grundsätzlich schneller auf veränderte Gegebenheiten reagieren. Das gelte insbesondere in engeren, weniger effizienten Märkten oder wenn spezifische Anlagevorschriften einzuhalten sind.

Erhöhte Korrelation und Konzentration bei Einzeltiteln erwartet
Im Hinblick auf Korrelationen und Konzentrationen bei Einzeltiteln rechnen zwei Drittel (67 Prozent) der Teilnehmer mit einer Zunahme der Korrelationen, vor allem aber erwarten sie zunehmende Konzentrationen infolge der immer höheren passiv verwalteten Vermögen. Dabei wird deutlich, dass viele Teilnehmer diese Entwicklung vor allem für dominante Indexschwergewichte sehen und weniger für die kleineren Titel. Fast sechs von zehn (59 Prozent) glauben an ein erhöhtes Gesamtrisiko, das sich vor allem in größerer Marktvolatilität in Abschwungphasen äußert. Keine oder sich gegenseitig ausgleichende Effekte erwartet ein Drittel der Investment Professionals. Eine gewisse Tendenz zur Überbewertung könne allein schon durch stetige Nachfrage passiv verwalteter Fonds entstehen.

Sollten durch die passiven Fonds und Produkte die Korrelationen von Einzelwerten steigen, könnte als Folge Fundamentalanalyse von Investmentbanken, Brokern und Fondsmanagern weniger wichtig werden. Das sehen aber nur 23 Prozent der Teilnehmer so. Fast jeder zweite (48 Prozent) erwartet dagegen eine geringere Markteffizienz und dadurch steigende Bedeutung der Fundamentalanalyse. Keine Veränderung sehen 29 Prozent der Investment Professionals.

DVFA: Sorge um Finanzstabilität
"Darin liegt in der Tat eine Chance zur Trendumkehr", sagt Ingo Mainert, stellvertretender DVFA-Vorstandsvorsitzender. Je weniger Geld aktiv gemanagt wird, desto mehr komme es darauf an, Informationsasymmetrien im Voraus zu erkennen und zu nutzen, gerade für kleinere und mittlere Werte. Mainert sieht daher keinen Grund, den "Faktor Mensch" im Asset Management abzuschreiben. Sein Fazit: Passive Instrumente bringen den Anlegern durch Skalierungseffekte Vorteile hinsichtlich der Kosten und erleichtern die Diversifizierung. Durch die erreichten Größenordnungen sieht er jedoch erste Risse im Ökosystem der Märkte und auch Gefahren für die Kapitalallokation.

Laut Mainert deuten mehrere Studien darauf hin, dass Preise einer Assetklasse oder eines Einzelwerts durch den Passivtrend stärker von der Gewichtung in einem Index abhängen. Unternehmensspezifische Fundamentaldaten und dadurch generierte Preissignale verlieren tendenziell an Bedeutung. "Dies ist volkswirtschaftlich problematisch und am Ende vielleicht sogar nachteilig für die Finanzstabilität", so Mainert. (jh)


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