Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird ihren Franken-Mindestkurs frühestens 2016 aufgeben. Das sagt die große Mehrheit der 21 von Bloomberg befragten Ökonomen. Hauptargument ist die lockere Geldpolitik der EZB. Lediglich drei von ihnen erwarten dagegen einen Ausstieg bereits im nächsten Jahr. Die SNB hatte den Mindestkurs vor drei Jahren eingeführt, um die Gefahr einer Deflation abzuwehren. Zuvor war der Franken zum Euro nahezu auf Parität geklettert.

Die Entscheidung der EZB, einen negativen Einlagensatz einzuführen und forderungsbesicherte Wertpapiere aufzukaufen, hatte die Schweizer Währung zum Euro in den letzten Monaten anziehen lassen. Das intensivierte Spekulationen, dass die SNB wieder Devisen-Interventionen oder eigene Einlagengebühren erwägt. "Weil die EZB die Zinsen gesenkt hat und an der quantitativer Lockerung feilt, wird die SNB keine andere Wahl haben, als den zeitlichen Horizont ihrer Franken-Deckelung gegenüber dem Euro auszuweiten", erklärt Eric Tannenbaum von Moody's Analytics. "Die SNB wird ihre Politik durchsetzen, indem sie sich entweder selbst in den Bereich negativer Zinsen bewegt, aggressiv Devisen-Interventionen verstärkt – oder beides macht."

Negativ-Zinsen stehen im Raum
SNB-Mitglieder, darunter Präsident Thomas Jordan, haben schon mehrfach bekräftigtet, dass sie bereit seien, weitere Maßnahmen, wie etwa negative Zinsen, zu ergreifen – falls das notwendig werden sollte. Eigenen Angaben zufolge hat die SNB seit 2012 nicht mehr auf den Devisenmärkten eingegriffen, um den Mindestkurs für den Euro zu verteidigen. Laut Mandat soll die SNB für eine Inflationsrate unter zwei Prozent sorgen. Derzeit geht die Notenbank davon aus, dass die Verbraucherpreise in diesem Jahr um 0,1 Prozent anziehen werden. Für das kommende Jahr erwartet sie eine Preissteigerungsrate von 0,2 Prozent und für 2016 von 0,5 Prozent.

Er könne keine Wahrscheinlichkeit für negative Zinsen nennen, sagte Jordan kürzlich in einem Interview mit Bloomberg. Was er jedoch sagen könne, sei, dass die SNB bei Notwendigkeit sofort Maßnahmen einleiten werde. Einer separaten Bloomberg-Umfrage zur Eurozone zufolge, die in dieser Woche veröffentlicht wurde, glauben mehr als die Hälfte der Volkswirte, dass EZB-Chef Mario Draghi letztlich ein Programm zur quantitativen Lockerung verkünden wird – und zwar über den Aufkauf von Staatsanleihen – ähnliches wie die Notenbanken der USA und von Großbritannien.

"QE-Programm könnte Druck erhöhen"
Eine derartige Lockerung der Geldpolitik in der Eurozone könnte den Franken zum Euro weiter ansteigen lassen. In diesem Jahr ist er im Vergleich zur Gemeinschaftswährung bereits um 1,6 Prozent geklettert. "Falls die EZB sich für ein breit angelegtes QE-Programm entscheiden sollte, könnte das zu einer Schwächung des Euro führen und den Druck auf den Franken erhöhen", warnt Martin Güth, Volkswirt bei der LBBW in Stuttgart. "Was nicht klar ist, ob dies tatsächlich das 1,20 Franken-Limit je Euro testen würde. Aber falls es das tun sollte, würde sich die SNB meiner Meinung nach für negative Zinsen entscheiden." (bloomberg/dw)