Die zunehmende Angst vor einem Krieg in der Ukraine und möglichen Wirtschaftssanktionen hat die Börsen am Dienstagmorgen (22. Februar) empfindlich abrutschen lassen. Auch wenn sich die Lage an den Handelsplätzen gegen Mittag wieder beruhigte, war die Verunsicherung der Anleger doch weiterhin deutlich zu spüren.

"An den Kapitalmärkten wird der weitere Eskalationsschritt in der Ukraine-Krise eingepreist, aber sicher noch nicht eine das ganze Land umfassende Invasion", sagt Christoph Schmidt, der Leiter des Multi-Asset-Total-Return-Teams der DWS. So wie die Anerkennung der beiden Separatistengebiete Luhansk und Donezk durch Russland quasi über Nacht zur neuen Gewissheit geworden sei, müssten die weiteren Rückkopplungen wie die Sanktionen des Westens und die russischen Reaktionen darauf weiter beobachtet werden.

"Nicht kurzfristig und hektisch agieren"
Vor dem Hintergrund der weiter unübersichtlichen Lage sei es voreilig, den Tiefpunkt an den Märkten bereits auszurufen. "Für Panik besteht allerdings genauso wenig Anlass", sagt Schmidt.


Wie weitere Fondsprofis nach der zunehmenden Eskalation zwischen der Ukraine und Russland die Lage an den Märkten beurteilen, erfahren Sie in der Bildergalerie oben.


"Als Fondsmanager sollte man meiner Meinung nach jetzt nicht kurzfristig und hektisch agieren", sagt auch Matthias Born, Co-Chef des Bereichs Wealth & Asset Management bei Berenberg. Frühere militärische Auseinandersetzungen hätten gezeigt, dass der Einfluss auf die Börsen meist kurzfristiger Natur sei. "Allerdings sollte man die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Rohstoffpreise nicht unterschätzen, ebenso mögliche Rohstoffengpässe. Dies dürfte sich damit indirekt auf viele Unternehmen auswirken", so Born.

Knickt die Fed ein?
DWS-Manager Schmidt sieht noch keinen Grund, die Asset-Allokation der von seinem Team verantworteten Fonds anzupassen. Vielmehr habe sich die bestehende Versicherung gegen geopolitische Risiken in Form einer Gold-Position von knapp neun Prozent in allen Portfolios zuletzt ausgezahlt. Auch Born sieht die eigenen Portfolios "eher weniger" betroffen. "Wir setzen auf Firmen mit einer guten Preissetzungsmacht, die zudem auch weniger rohstoffabhängig sind", sagt er. Als Beispiel nennt er die Luxusgüterindustrie.

Für die kommenden Wochen erwartet Schmidt eine von den Schlagzeilen getriebene, anhaltend erhöhte Volatilität an den Börsen. Drehe sich die Spirale weiter, werde irgendwann jedoch ein Punkt erreicht, an dem die Marktteilnehmer bezweifelten, dass die US-Notenbank Fed ihre Zinserhöhungen im angekündigten Tempo durchziehen werde. Dies könne für eine gewisse Stabilisierung sorgen. Zudem sei nach der initialen Verunsicherung damit zu rechnen, dass ein Gewöhnungseffekt eintrete und sich die Marktteilnehmer wieder stärker auf andere fundamentale Faktoren fokussierten. (bm/ert)